Vorhang auf für junge Mimen

Vorarlberg / 07.02.2023 • 16:00 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Vorhang auf für junge Mimen
Im Interkulturellen Verein Motif begann Nurettins Künstlerlaufbahn. HRJ

Nurettin Kalfa unterstützt Kinder und Jugendliche bei allem, was mit Schauspielen zu tun hat.

BREGENZ, HÖRBRANZ „Als Schauspieler kannst du alles sein: Mörder, Bauarbeiter, Arzt, Narr – einfach alles.“ Diese Erkenntnis war ein Auslöser für Nurettin Kalfa, Schauspieler zu werden. Den definitiven Entschluss, diesen künstlerischen Beruf zu ergreifen, fasste der 29-jährige Vorarlberger mit türkischen Wurzeln beim Bundesheer.

Nach einer Motif-Vorstellung gab es viel Applaus für die jungen Darsteller. <span class="copyright">MOTIF</span>
Nach einer Motif-Vorstellung gab es viel Applaus für die jungen Darsteller. MOTIF

Nurettin Kalfa wuchs in Lochau und Hörbranz als Kind von Gastarbeitern aus der Türkei auf. Nach der Hauptschule absolvierte er eine Maurerlehre. Der Job sei zwar hart gewesen, erinnert er sich, „aber ich habe viel gelernt“. Nach dem Lehrabschluss meldete sich Nurettin zum Grundwehrdienst. Er wurde einem Jägerbataillon zugeteilt. Aufgrund eines Unfalls bei einem Gefechtsdienst landete er im Sanitätshaus. „Dort hatte ich Zeit, darüber nachzudenken, was ich nach dem Bundesheer machen werde“, erzählt er. „Mir kamen viele Ideen in den Sinn. Schlussendlich entschied ich mich fürs Schauspielen.“ Dazu angeregt hat ihn auch sein älterer Bruder, Laiendarsteller im Motif – ein in Bregenz ansässiger Interkultureller Verein, der mit Theaterstücken und Filmen die türkische Kultur nahebringt.

Der Mime lernt seine Rollen für das Stück „Wunsch und Widerstand“. <span class="copyright">HRJ</span>
Der Mime lernt seine Rollen für das Stück „Wunsch und Widerstand“. HRJ

Im Motif begann Nurettins Künstlerlaufbahn. Er nahm dort an mehreren Schauspielkursen teil, dann bekam er das Angebot vom Landestheater, bei Peter Handkes Stück, „Die Stunde, da wir nichts voneinander wussten“, mitzuwirken. Nurettin spielte seine Rollen so gut, dass ihn der damalige Intendant ermutigte, „unbedingt weiterzumachen“. Nurettin folgte dem Rat. Er ließ sich an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart ausbilden. Das Studium schloss er mit dem Bachelor-Titel ab. Es folgten Engagements an Theatern in Deutschland.

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In Amos Postners „Er (29)“ überzeugte Nurretin als Hauptdarsteller. C. STARK

In Vorarlberg glänzte Murettin als Hauptdarsteller in Amos Postners „Er (29)“ (Kosmodrom), als Hofnarr im Stück „Escorial“ (Theater Kosmos), als Regieassistent bei der schwarzen Komödie „Dirty Dishes“ (Motif). Derzeit probt er mit dem Landestheater-Team „Wunsch und Widerstand“ von Thomas Arzt. Das Theaterstück handelt vom Leben des KZ-Überlebenden Max Riccabona. „Es geht um Identität, um Geschichte“, erklärt Nurettin, der vier Personen darstellt: Johann Rhomberg, Bürgermeister Hefel, eine Frau, einen Barkeeper. (Premiere ist am 11. Februar.)

Eine seiner ersten Rollen hatte Nurettin in dem Motif-Stück „Gast oder Arbeiter“. <span class="copyright">HRJ</span>
Eine seiner ersten Rollen hatte Nurettin in dem Motif-Stück „Gast oder Arbeiter“. HRJ

Zwischendurch ist der freischaffende Schauspieler immer wieder im Motif tätig. Was ihn an den Verein bindet, erklärt er so: „Während meines Schauspielstudiums gab es eine Zeit, in der es mir finanziell schlecht ging. Damals bekam ich vom Motif-Obmann Yener Polat eine einmalige Unterstützung. Nach meinem Studium wollte ich Yener etwas zurückgeben und bot ihm an, im Motif mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten.“ Seitdem unterstützt Nurettin die jungen Darsteller bei allem, was mit Schauspielen zu tun hat, und inszeniert Theaterprojekte.

Den Narren Folial in Michel de Ghelderodes „Escorial“ spielte Nurretin mit Leidenschaft. <span class="copyright">MISTURA</span>
Den Narren Folial in Michel de Ghelderodes „Escorial“ spielte Nurretin mit Leidenschaft. MISTURA

Was macht Nurettin Kalfa, wenn er nicht auf der Bühne steht? „Alles Mögliche“, antwortet er und lacht. Seine Freizeit ist allerdings sehr begrenzt und gehört seiner Frau und den beiden Kindern. Sport ist auch noch drin: „Ich trainiere gerne meinen Körper.“

Bei der Komödie “Dirty Dishes“ war Nurettin Kalfa Regieassistent. <span class="copyright">HRJ</span>
Bei der Komödie “Dirty Dishes“ war Nurettin Kalfa Regieassistent. HRJ

Der Mime durchlebt auch Zeiten ohne Theater-Engagement: „Dann muss ich halt etwas anderes tun um Geld zu verdienen.“ Einmal arbeitete er an einer Tankstelle, ein andermal in einer Fabrik, „und gekellnert habe ich auch schon“. Jetzt aber muss er zurück ins Landestheater. Die Proben gehen weiter.

ZUR PERSON

NURETTIN KALFA

GEBOREN 25. Mai 1993

WOHNORT Hörbranz

BERUF Schauspieler

FAMILIE verheiratet, 1 Sohn (7), 1 Tochter (3 Monate)

MOTTO „Alles was man gibt, kommt zu einem zurück.“

KONTAKT kalfa.nurettin@gmail.com

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