Die starken Männer im Bündnis Kinderschutz

Vorarlberg / 09.02.2023 • 21:08 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Die Unterstützer des “Bündnis Kinderschutz” laut der Webseite des Vereins.
Die Unterstützer des “Bündnis Kinderschutz” laut der Webseite des Vereins.

Die lauten und starken Männer sind nicht unhinterfragt.

Schwarzach, Lech Mit klaren Worten, die an Deutlichkeit nichts vermissen lassen – und vor allem hochemotional – verurteilt Roberto d’Atri in einem bemerkenswerten Interview bei „Vorarlberg Live“ das, was im Skiurlaub in Lech am Arlberg passiert sein soll. Der schreckliche Verdacht: Missbrauch an einem dreijährigen Buben, im sogenannten „Skikindergarten“, der von einem Ehepaar im Rahmen einer schlichten privaten Gesellschaft nach bürgerlichem Recht betrieben wird.

Kindergarten oder Skischule?

Seither rätseln die Aufsichtsbehörden, ob der Skikindergarten nun eine Kinderbetreuung oder eine Skischule sein soll. Jedenfalls scheinen die Vorgaben und Prüfungen so locker wie die Aufsichtspersonen für die betreuten Kinder international sind. Die laut VN-Recherchen seit 4. Dezember bei der Sozialversicherung gemeldeten Betreuer sind allesamt jung und stammen aus Griechenland, Niederlande, zwei aus Deutschland, Belgien und Schweden. Der 21-jährige Franzose, der bis Ende Jänner in Lech beschäftigt war, wird vom Vater des Jungen des Missbrauchs bezichtigt. Wie der Vater im VN-Interview erklärte, habe ihn das Verhalten seines Sohnes nach dem Skiurlaub irritiert, weshalb er sich an die Psychologin wandte. Als die Vorwürfe gegen den Betreuer aufkamen, wandte er sich an die Polizei. Im Gespräch mit dieser äußerte er auch direkt die Befürchtung, Gemeinde und Betreuungseinrichtung würden den Übergriff vertuschen wollen. Er hat daher gleichzeitig den dem Bündnis Kinderschutz nahestehenden Anwalt eingeschaltet.

An dieser Stelle kommt der Wiener Anwalt Nikolaus Rast ins Spiel. Er machte den Fall gemeinsam mit dem Vater und dem „Bündnis Kinderschutz“ im Rahmen eines Pressetermins, bei dem Wiener Boulevardzeitungen eingeladen waren, öffentlich.

Das „Bündnis Kinderschutz“ ist in Österreich laut Vereinsregister 2021 gegründet worden, Obmann ist Roberto d’Atri, im Brotberuf Gastronom in Wien (u.a. „Il Melograno“ im ersten Bezirk). Der Verein mit dem großen Namen treibt seither die Behörden in der Öffentlichkeit vor sich her, veröffentlicht nahezu täglich Neuigkeiten. Gründer des Bündnisses ist der deutsche Gewaltpräventionsberater Carsten Stahl, der mit seiner Anti-Mobbing-Initiative „Camp Stahl“ und Sendungen auf RTL 2 eine gewisse Bekanntheit erlangt hat. Als Unterstützer des Bündnis Kinderschutz sind in Österreich so wie bei der Mutterorganisation in Deutschland laut Webseite ausschließlich Männer aufgelistet, unter anderem Ex-Boxer Axel Schulz, Comedy-Star Mario Barth oder Fitnesstrainer Detlef D. Soost. Sie alle verbindet eine Passion für Kraft- und Kampfsport.

Schlagkräftig und laut

Dementsprechend beherzt, schlagkräftig und laut ist das Vorgehen. Die Motivation hinter dem Verein ist auch der Mangel an Vertrauen in die Behörden, ohne Druck von außen streng genug gegen Kindesmissbrauch vorzugehen. „Wir decken auf, zeigen die Skandale auf“, sieht D’Atri das Bündnis auf dem richtigen Weg. Er ist überzeugt von seinem Weg: Ohne den Schritt an die Öffentlichkeit wären viele Kinder länger unter der Obhut vermuteter Missbrauchstäter geblieben, ihr Vorgehen schaffe das notwendige öffentliche Bewusstsein.

Die Vorarlberger Polizei hat bis zum heutigen Tag keine inhaltliche Stellungnahme zu den Ermittlungen abgegeben. Das wiederum lässt den Verdacht entstehen, es würde zu wenig getan. Diesen Vorwurf befeuert der Verein von d’Atri und Rast. Das „Bündnis“ arbeitet auch im Fall Lech mit einem erprobten Netzwerk. Die Psychologin, die den dreijährigen Buben nach dem mutmaßlichen Zwischenfall untersuchte, wie auch der Kindsvater waren bereits vor dem Verdacht für den Verein tätig.

Kritik am Verein

Kritiker werfen dem Bündnis Kinderschutz in Deutschland wie Österreich vor, Fälle zu emotionalisieren, aber den Opfern keine echten Konzepte liefern zu können. Sie warnen vor Skandalisierung und Vorverurteilungen. Die Tageszeitung „Die Presse“ hat zum Verein mit Gründer Stahl und D’Atri gesprochen: „Wir müssen Dinge öffentlich machen, die ein Druckverstärker sind“, hält Stahl dagegen. Und auch D’Atri sieht die Politik erst durch den öffentlichen Druck zum Handeln gezwungen. Stahl weilt derzeit bei seinen Vereinskollegen in Österreich, um diese in der Causa Lech zu unterstützen. Der „Presse“ sagt er: „Man sagt, ich bin die lauteste Stimme im Kinderschutz.“ VN-RAU, RIE

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