Das Wunder von Kahramanmaras: “Man hat Stimmen aus dem Schutt gehört”

Rettung nach 90 Stunden: Vorarlberger Einsatzkräfte konnten drei Personen lebend aus den Trümmern retten.
Kahramanmaras Es gleicht einem Wunder inmitten von unvorstellbarem Leid und schierer Verzweiflung: Gemeinsam mit anderen Teams konnten die Retter der Rankweiler Such- und Rettungseinheit SARUV (Search and Rescue Unit Vorarlberg) innerhalb von wenigen Stunden drei Personen lebend aus den Trümmern retten. “Es ist ein Glücksmoment, der allen weitere Kraft gibt”, unterstreicht Teamleiter Markus Mayr.


Das erste Erdbeben schlug am frühen Montagmorgen mit der Stärke 7,7 in der türkisch-syrischen Grenzregion zu. Am Mittag folgte ein weiteres Beben der Stärke 7,6. Die kritische Überlebenszeit liegt bei 72 Stunden, so lange können Menschen in der Regel ohne Wasser überleben. Für die Retter ist es daher ein Kampf gegen die Zeit.


Noch in der Nacht
Das 32-köpfige Team aus Rankweil sucht seit Dienstagnacht im Süden der Türkei nach Überlebenden. Zunächst in der Stadt Osmaniye, am Donnerstagmittag wurde dann das gesamte Basiscamp in das Epizentrum des Erdbebens, nach Kahramanmaras verlegt. „Wir sind gleich in der Nacht raus zu einer Schadensstelle, die uns mitten in der Stadt zugeteilt worden ist“, schildert Markus Mayr den VN. Kurz darauf passierte das erste Wunder. Mit medizinischer Unterstützung durch Mitglieder des SARUV und des Katastrophenhilfeteams des Samariterbundes (SA-RRT) gelang es, eine Person lebend aus einem eingestürzten Gebäude zu retten. Nach mehreren Totbergungen folgte in den frühen Morgenstunden das nächste Wunder. Gemeinsam mit anderen internationalen und lokalen Einsatzkräften wurden eine Mutter und ihre Tochter nach stundenlanger Arbeit aus den Trümmern eines achtstöckigen Gebäudes befreit. Man habe Stimmen gehört und über Suchkameras und Wärmebildkamera gesehen, dass dort hinten noch jemand ist, berichtet Mayr. „Das war einfach schön.“


Ein Video zeigt, wie das Mädchen, das offenbar in einem dünnen Pyjama unter dem Schutt ausharren musste, auf einer Trage zum Rettungsauto gebracht wird. Die Bergung wird von Dutzenden Menschen verfolgt. Einige machen Fotos und winken der Verletzten zu. „Wir vermuten, dass die beiden überlebt haben, weil dort ein Stiegenhaus war und es daher Hohlräume gab“, ergänzt der Teamleiter, der auch Kommandant der Feuerwehr Rankweil ist.


Einfach eingestürzt
In Kahramanmaras ist rund die Hälfte der Gebäude zerstört. Laut Mayr sind ganze Häuserzeilen eingestürzt: „Die rechte Seite steht, die anderen Seite liegt komplett. Das ist sehr verwunderlich.“ Da die Stadt in den Bergen liegt, ist es deutlich kälter als in Osmaniye, was eine zusätzliche Belastung für die Einsatzkräfte darstellt. Die Suchmannschaften arbeiten nichtsdestotrotz rund um die Uhr. Markus Mayr ist am Freitag gegen 17 Uhr Ortszeit (15 Uhr MEZ) mit seinem Team zwei vom Einsatz in das Camp zurückgekehrt. „Wir hatten gerade Schichtwechsel. Das Team eins ist jetzt wieder draußen und macht Erkundungen. Es läuft immer noch die Rescue-Phase. Wenn man nach 90 Stunden noch Menschen retten kann, gibt das natürlich Motivation weiterzusuchen“, unterstreicht er.



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