Wenn Knochen brechen: Die Knackpunkte der Sturzopfer

Vorarlberg / 12.02.2023 • 16:55 Uhr / 3 Minuten Lesezeit
Michael Köchle (61) aus Lauterach hat sich bei einem Sturz das Knie verletzt. Am LKH Feldkirch wurde er operiert. "Nach einem Jahr können die Platten und Schrauben, die den Knochen stabilisieren, wieder heraus", erklärt ihm Primar René El Attal (50). <span class="copyright">VN/Paulitsch</span>
Michael Köchle (61) aus Lauterach hat sich bei einem Sturz das Knie verletzt. Am LKH Feldkirch wurde er operiert. "Nach einem Jahr können die Platten und Schrauben, die den Knochen stabilisieren, wieder heraus", erklärt ihm Primar René El Attal (50). VN/Paulitsch

In den Unfallabteilungen sind Brüche zu jeder Jahreszeit ein großes Thema.

Feldkirch Es war nicht der erste Unfall, der Michael Köchle (61) ins Krankenhaus gebracht hat. Dass es ihn einmal beim Skifahren erwischen würde, hätte der erfahrene Wintersportler aber nicht gedacht. Trotzdem ist es passiert. Diagnose: mehrfacher Schienbeinkopfbruch. Im Landeskrankenhaus Feldkirch wurde die schwere Verletzung schließlich mit Platten und Schrauben stabilisiert. Dem sportlichen Lauteracher stehen jetzt zwar mindestens zehn Wochen Pause und Therapie bevor, er ist dennoch guten Mutes: „Die Unfallchirurgen haben tolle Arbeit geleistet“, bekräftigt er im VN-Gespräch.

Noch darf Michael Köchle sein lädiertes Knie nicht über Gebühr belasten. <span class="copyright">VN/Paulitsch</span>
Noch darf Michael Köchle sein lädiertes Knie nicht über Gebühr belasten. VN/Paulitsch

Passiert ist der Unfall im Skigebiet Silvretta Montafon. Michael Köchle und seinen Freund zog es schon früh auf die Piste. „Gegen 8.30 Uhr sind wir von der Bergstation des Schwarzköpflelifts abgefahren“, schildert er die Ausgangslage. Die Piste erwies sich als knackig und gut zu fahren. Kurz vor der Talstation, wo der Hang ziemlich steil wird, nahm das Verhängnis seinen Lauf. „Auf einer Eisplatte riss es mir plötzlich die Skier weg“, erzählt der Lauteracher.

Primar René El. Attal erklärt dem Patienten die Verletzung. <span class="copyright">VN/Paulitsch</span>
Primar René El. Attal erklärt dem Patienten die Verletzung. VN/Paulitsch

Beim nachfolgenden Sturz verdrehte es ihm das rechte Knie, das dann buchstäblich entzweibrach. „Ich habe sofort gespürt, dass da mehr kaputt ist.“ Außerdem war die Skibindung nicht aufgegangen. „Ich hatte sie zu fest eingestellt“, räumt Michael Köchle ein. Der Skiunfall ist inzwischen über eine Woche her und der 61-Jährige wieder zu Hause. „Nach einem Jahr können die Platten und Schrauben, die den Knochen stabilisieren, wieder heraus“, erklärt ihm Primar René El Attal (50), Leiter der Unfallchirurgie im Landeskrankenhaus Feldkirch, die weitere Vorgehensweise.

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In der wärmeren Jahreszeit sind es Sportarten wie Fußball, Mountainbiken, Wandern, Bergsteigen, Paragleiten oder Radfahren, die für Betrieb in den Unfallabteilungen der Spitäler sorgen. Während der Skisaison müssen Wintersportler beinahe im Minutentakt verarztet werden.

Primar René El Attal: "Im Winter kommt in Bludenz beinahe täglich ein Schienbeinkopfbruch in den OP. <span class="copyright">VN/Paulitsch</span>
Primar René El Attal: "Im Winter kommt in Bludenz beinahe täglich ein Schienbeinkopfbruch in den OP. VN/Paulitsch

Frakturen des Schienbeinkopfs etwa sind laut René El Attal an der Tagesordnung. „Im Winter kommt im Bludenzer Krankenhaus beinahe täglich ein solcher Fall auf den OP-Tisch“, verdeutlicht der Unfallchirurg.

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Auch ältere Menschen sind häufig von Frakturen betroffen. Bei ihnen sind meistens brüchige Knochen das große Übel. Ihnen rät der Experte, bei Eis und Schnee zu Hause zu bleiben, die Räumung abzuwarten oder wenigstens gutes Schuhwerk mit entsprechendem Profil zu verwenden. Auch Schuhketten und Stöcke eignen sich zur Sturzprä­vention. Auf der Piste heißt es, sein Können nicht zu überschätzen und für eine rasche Reaktion vor allem auf Sicht zu fahren.

Wo Brüche am häufigsten auftreten

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Handgelenk Brüche des Handgelenks sind im Winter eine häufige  und tägliches Brot in den Unfallabteilungen. „Radiusbrüche, Speichen- und Unterarmbrüche sind klassische osteoporotische Problematiken. Ältere Personen stürzen und verletzen sich beim Versuch, sich abzustützen“, erklärt Primar René El Attal. Der Großteil der Handgelenksfrakturen muss operiert werden. Zur Vorbeugung dieser Sturzverletzung wäre gutes Schuhwerk wichtig.  

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Ellenbogen Ellbogenverletzungen oder –brüche sind deutlich seltener als Handgelenksverletzungen. Es handelt sich einerseits um Luxationen, bei denen die Bänder reißen, andererseits um Brüche oder Luxationsfrakturen. Diese werden zum allergrößten Teil operativ versorgt. Ein Ellbogen muss früh und rasch wieder bewegt werden, weil er laut El Attal sehr schnell zu Versteifung neigt. Die Nachbehandlung erfolgt deshalb hauptsächlich funktionell. Das heißt es gibt keinen Gips mehr, sondern für maximal 10 Tage einen Verband oder Gips und anschließend eine Schiene, die Physiotherapie zulässt.

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Kopf Kopfverletzungen sind häufig. „Trotz Helm kommt es zu Gehirnerschütterungen, da haben wir täglich Patienten, die zur Beobachtung aufgenommen werden“, berichtet René El Attal aus der Praxis. Nehmen Patienten Medikamente zur Blutverdünnung, wird, um eine Hirnblutung auszuschließen, meist eine Computertomografie gemacht. Besteht eine Blutung, darf kein Aspirin genommen werden, weil sich die Blutung dann vergrößern kann. Typische Warnsymptome wie eine ausgeprägte Gedächtnislücke, häufiges Erbrechen und sehr starke Kopfschmerzen, die auf ein normales Medikament nicht ansprechen, sind ärztlich abzuklären.

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Kniegelenk Das Kniegelenk hat in Unfallabteilungen das ganze Jahr über Saison, im Winter durch die Skifahrer, im Sommer durch Fußballer, Wanderer usw. Beim Wintersport sind es die drehfreudigen Carvingski, die zu immer schwereren Verletzungen führen. Da reißen bei Stürzen oft gleich mehrere Bänder, und gehäuft ist auch der Streckapparat mitbetroffen. „Diese Verletzungskombinationen sind, im Unterschied zu einem isolierten Kreuz- oder Seitenbandriss sehr langwierig zu therapieren“, sagt der Unfallchirurg. Reißt die Kapsel mit ein oder sind mehrere Bänder ab, muss erst eine gewisse Stabilität abgewartet werden, um mit der Physiotherapie beginnen zu können. Bis zur vollständigen Beweglichkeit dauert es rund drei bis sechs Monate. Ein sogenanntes Verdrehtrauma mit einer deutlichen Ergussbildung deutet auf einen Kreuzbandriss oder eine Schienbeinkopffraktur hin.

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Hüfte/Becken Beckenverletzungen sind fast das ganze Jahr über ein Thema und „die Arbeitspferde der Unfallchirurgie“, wie es Primar El Attal formuliert. Sie treffen vor allem betagte Patienten, etwa im Zusammenhang mit einem Schenkelhalsbruch oder der Implantation einer Prothese. Diese Patienten müssen nach der Behandlung entsprechend mobilisiert werden. Sie befinden sich oft wochenlang im Krankenhaus oder in der Nachsorge.

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Wirbelsäule Da gibt es zwei Komponenten. Das eine sind die osteoporotischen Brüche, wobei schon ein banaler Sturz auf das Gesäß zum Einbrechen von Wirbelkörpern führen kann, das andere schwere Wirbelkörperbrüche nach Stürzen beim Wintersport, die bei entsprechender Schneelage auch dramatisch ausfallen und Lähmungen verursachen können.  Ist eine Lähmung gegeben, ist der Weg zurück oft sehr mühsam.

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Schulter Im Schulterbereich bricht gerne der Oberarmkopf, ein Gelenkbruch, der häufig zu operieren ist und in der Regel verplattet wird. Auch hier ist eine rasche Mobilisierung ratsam, da die Schulter speziell bei Alltagsbewegungen große Bedeutung hat.  Es braucht oft viele Therapiezyklen, bis allein das Hinaufgreifen wieder funktioniert.

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