„d‘Rätscho“ spottet mit spitzer Feder

Dornbirner Faschingszeitung nimmt Politik in Dornbirn und darüber hinaus aufs Korn.
Dornbirn „Subventionsfrei, unabhängig, garantiert inseraten- und affärenfrei“ steht auf der Titelseite der Dornbirner Faschingszeitung, mit der die Verantwortlichen auch heuer wieder für einige Lacher sorgen. Neben Prominenten und Begebenheiten aus Bund, Land und Stadt wird in der aktuellen Ausgabe auch der Wirtschaftsbund samt ehemaligem Obmann auf die Schippe genommen. Zudem wurde die Vorarlberger Landeshymne pointiert umgetextet.
Als Folge der Wirtschaftsbundaffäre wird Jürgen Kessler in dem satirischen Magazin kurzerhand zum „KÄSS€LER“ gemacht. Die Redakteure des Faschingsmagazins schreiben: „Er kesslat omanand im ganza Land zum’s Kässele füllo –
allerhand! Schalt nach deana Fährtle lukrative Inserätle und fühlt se hüt no voll im Reacht, do Wirtschaftsbündlar wird ganz schleacht.“
Landeshymne wird persifliert
Auch in der neuen Vorarlberger Landeshymne wird der Wolfurter aufs Korn genommen. O-Ton: „Pfüot di Gott mi subers Ländle, dött am Rhi und Bodosee, do Wirtschaftsbund, der riebt se’s Händle, Geald fallt vom Himmel wio do Schnee. Ane mane dio so gern, do Kessler und die andero Herrn.“
Was die Titel- und die Doppelseite in der Mitte des Blattes angehen, so sind diese auch heuer wieder traditionell den Vertretern der Dornbirner Stadtpolitik gewidmet. Inhaltlich geht es dabei unter anderem auch um Energiesparen und Energieknappheit. Diesmal verfasste das Redaktionsteam der Faschingszeitung unter anderem Energiespartipps aus Sicht der Stadträte. So setzt beispielsweise Bürgermeisterin Andrea Kaufmann „alles auf Sparflamme“ und Marie Luise Hinterauer „auf Herzensenergie“. Zudem gibt es eine Black-out-Fibel für einen Total-Black-out für den kleinen Mann.
Grill-Steine in der Innenstadt
Einzug in die aktuelle Ausgabe der „Rätscho“ fanden außerdem die anthrazitfarbenen Sitzsteine in der Dornbirner Fußgängerzone, die im vergangenen Sommer für Kritik sorgten. Unter dem Motto „Chillen und Grillen“ gibt es im Satire-Blättle nun einen „heißen Tipp“ zu deren Verwendung für Hobby-Griller. Die Planungen rund um die Sitzmöbel werden als „erster Schritt, um Dornbirn von russischem Gas unabhängig zu machen“, bezeichnet und mit einem Augenzwinkern in die Kategorie „Planlos-Verkehrtes“ eingeordnet.
Die Faschingszeitung „d’Rätscho“ gibt es schon seit 1902. Mit Ausnahme der Zeit des Zweiten Weltkriegs erschien das Satire-Blatt jedes Jahr, wie Helmut Lecher vom Redaktionsteam berichtet. Einsendungen rund um Hoppalas, Anekdoten und lustige Ereignisse werden jährlich ab Dezember gesammelt.
Der Stoff scheint den Redakteuren jedenfalls nicht auszugehen und der Schmäh rennt nach wie vor. „Die Reklamationsquote ist quasi gleich null“, berichtet Lecher. Erhältlich ist das Magazin in 50 verschiedenen Geschäften, Trafiken und Tankstellen in Dornbirn.
Noch mehr Faschingszeitungen
In diesen Tagen bringen auch zahlreiche weitere Faschingsblätte-Redaktionen des Landes ihre druckfrischen satirischen Werke wieder unter das Volk. „Es gibt viele Menschen, die jedes Jahr gespannt auf die neuen Ausgaben warten“, ist sich Barbara Lässer, die Präsidentin der Vorarlberger Fasnatzünfte und -gilden, sicher. Dabei gehe es um Sensationslust genauso wie um die Frage, ob man nicht gerade zufällig selber im Blatt erwähnt wird.
Auch die Anführerin der heimischen Narren selbst wurde schon auf die Schippe genommen. „Man darf nicht immer alles ernst nehmen und ruhig mal über sich selbst lachen“, sagt Lässer und fügt hinzu: „Die Berichte in den Fasnatblättle sind ja mit einem Augenzwinkern zu sehen.“
Lässer schätzt, dass es nach wie vor im Großteil der Gemeinden des Landes Fasnatblättle gibt. Während der Pandemie sei dafür gesorgt worden, dass die Fasnat zumindest in Form der Blättle gedruckt zu den Menschen nach Hause kommt. Verteilt wurden die ersten Ausgaben im Land bereits im 19. Jahrhundert. VN-MEF


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