Von Freiheitlichen, die keine Grenzen zu kennen scheinen

Die FPÖ verbaut sich Koalitionsoptionen, sagt die Politologin.
WIEN Nur zwei Tage nach der niederösterreichischen Landtagswahl setzte sich der von der FPÖ nominierte Landesrat Gottfried Waldhäusl, inhaltlich zuständig ist er unter anderem für Asyl und die Mindestsicherung, in eine Fernsehdiskussion und beleidigte eine Schülerin mit Migrationshintergrund. Ihre Frage: „Was sagen Sie dazu, dass meine Klasse das Gymnasium in Wien nicht besuchen könnte, wenn Sie Ihre Maßnahmen durchgeführt hätten, weil die meisten Eltern einen Migrationshintergrund haben?“
Seine knappe Antwort: „Dann wäre Wien noch Wien.“ Es war eine Aussage, die in ganz Österreich für Diskussionen und Reaktionen sorgte. Als Reaktion kam es kurze Zeit später zu einer Aktion einer rechtsextremen Gruppierung vor der Schule der Jugendlichen, inklusive rassistischem Transparent und Flugblättern.
Aber auch der niederösterreichische Klubobmann der Freiheitlichen, Udo Landbauer, weiß seine Agenda anzubringen, die an eine Art „Austria first!“ erinnert: In einem aktuellen Posting auf Facebook kritisiert er Österreichs Beitrag zur Katastrophenhilfe in der von Erdbeben gebeutelten Türkei: „Es ist unglaublich, mit welcher Unverfrorenheit gerade grüne Politiker immer wieder unser Steuergeld an das Ausland verschenken.“ Es müsse Schluss sein mit Millionengeschenken an das Ausland, denn: „Wir kümmern uns um Niederösterreich und Österreich!“
Immer mehr salonfähig
Die Freiheitliche Jugend Kärntens, mittlerweile im Wahlkampf für den Urnengang Anfang März, fordert auf Facebook, die SPÖ abzuwählen, um die „Slowenisierung Kärntens [zu] stoppen“. Da scheinen die Minderheitenrechte in Staatsvertrag und Volksgruppengesetz in den Hintergrund zu rücken.Politikwissenschaftlerin Kathrin Stainer-Hämmerle sieht in aktuellen Kampagnen der FPÖ ein klares Kalkül: „Sie sind selbstbewusster geworden, weil sie bemerken, dass die Ausgrenzung und Polarisierung bestimmte Gruppen anspricht.“ Eine Kampagne à la „Unser Geld für unsere Leut’ in der Festung Österreich“ hätte ihnen bereits in der Vergangenheit Erfolge eingebracht, dadurch hätten die Freiheitlichen das Gefühl, „dass es salonfähiger wird“, glaubt die Expertin. Dass die FPÖ durch solche Aussagen Wählerinnen und Wähler aus einem weltoffeneren Spektrum vielleicht wieder verlieren könnte, glaubt Stainer-Hämmerle nicht: „Aber sie verbauen sich Koalitionsoptionen. Ob die FPÖ mit 15 oder mit 25 Prozent im Nationalrat sitzt, ist viel unwichtiger als die möglichen Kooperationen.“
Von Entscheidungsträgern – vom Bundespräsidenten abwärts – erwartet sich Stainer-Hämmerle eine klare Distanzierung von den angeführten Aussagen: „Es ist eine Grenzüberschreitung und irgendwann gibt es schon die Gefahr, dass es zu einem normalen Diskurs gehört.“ Dadurch würde Mitgefühl und Solidarität verloren gehen und dieser Eindruck setze sich im Ausland fort: „Österreich wird schon als ausländerfeindlich wahrgenommen, das ist wirklich ein Standortnachteil.“ Das müsse auch die Volkspartei erkennen, der dieser Aspekt sonst eine wichtige Angelegenheit gewesen sei: „Wenn sie dem nicht widerspricht, schadet sie sich selbst.“
Diplomatische Auswirkungen
Währenddessen hat Slowenien Österreich zu einem Verbotsverfahren gegen die Freiheitliche Jugend Kärnten aufgerufen. Dies geht aus einer Verbalnote Sloweniens an das Wiener Außenamt hervor. Das Posting sei eine „eklatante Verletzung“ des österreichischen Staatsvertrags, der die Minderheitenrechte schützt. Erst auf Nachfrage ruderten die Slowenen zurück, sie hätten natürlich kein Parteiverbot gefordert. Aus einzelnen Landesparteien war zudem Widerspruch zu hören, etwa von Salzburgs Landesparteichefin Marlene Svazek. MAX
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