Harter Sparkurs bei Kultur und Sport im ORF

Generaldirektor Weißmann setzt Sparforderungen der Politik um. Die Details zur Haushaltsabgabe bleiben aber offen.
Wien Der ORF muss sparen. So viel steht fest und ist auch mehrfach von Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) gefordert worden: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk solle für die Bevölkerung billiger werden. Gleichzeitig dürfte die bisherige GIS-Gebühr durch eine Haushaltsabgabe ersetzt werden. Darüber finden gerade Verhandlungen mit den Grünen statt. Die Neuregelung der Finanzierung ist bis 2024 nach einer Entscheidung des Höchstgerichts notwendig geworden. Wie die künftige Abgabe gestaltet wird, ist noch nicht klar. Es zeichnet sich aber ab, wo der ORF sparen muss. Experten sehen das kritisch.
ORF-Generaldirektor Roland Weißmann präsentierte dem Finanzausschuss des Stiftungsrates am Montag seine Sparpläne. Bis 2026 soll der ORF – laut den Vorgaben Raabs – rund 300 Millionen Euro einsparen. Dem Radio-Symphonieorchester (RSO) droht nun das Aus, ebenso dem Spartenkanal ORF Sport + als linearer Sender. Inhalte sollen zu
ORF 1 und ins Digitale wandern. Die ORF-Gebührentochter GIS wird verkleinert. Denkbar ist, dass die Haushaltsabgabe vom gleichen Unternehmen eingenommen wird.
Keine Coronahilfe
Die Sparansage der Politik hält Fritz Hausjell für paradox. Der Medienwissenschaftler und Präsident von „Reporter ohne Grenzen“ Österreich gibt zu bedenken, dass der zum Teil auch werbefinanzierte ORF zur Coronazeit, abgesehen von der Kurzarbeit, keinerlei Unterstützung erhalten hätte. „Das Programm musste trotzdem gemacht werden, sogar mehr davon. Der Informationsbereich ist einer der teuersten.“ Zweitens verweist Hausjell auf die hohe Inflation. Seit Jahren liegen die Erhöhungen der GIS-Gebühr laut dem Experten unter der Gesamtinflation. In eine ähnliche Kerbe schlägt Leonhard Dobusch, Wirtschaftswissenschaftler und Mitglied des ZDF-Verwaltungsrates im VN-Gespräch: „Dass man in derselben Legislaturperiode, in der man private Presseverlage mit Digitalisierungsförderungen ausgestattet hat, vom ORF eine Einschränkung seines Angebots verlangt, ist bemerkenswert.“
Die politische Einstellung werde aus den Aussagen Raabs aber klar, so Dobusch: „Das lässt den Schluss zu, dass man kein Interesse an einem starken und unabhängigen ORF hat.“ Das zeige sich auch an den fehlenden gesetzlichen Möglichkeiten für den Rundfunk, was etwa die Produktion von Inhalten für das Internet betrifft: „Dass er Bildungs- und Informationsinhalte nach einer gewissen Zeit löschen muss, ist ein Verbrechen.“ Eine Digitaloffensive gehöre zu den wichtigsten Punkten für den ORF, so Dobusch. Diese müsse, sobald sie gesetzlich erlaubt wird, auch durch Umschichtungen innerhalb des Hauses finanziert werden können.
Hausjell verweist darauf, dass dem ORF seit langer Zeit Sparprogramme verordnet würden. Dies mache sich beim Personal bemerkbar, nicht aber bei den Leistungen. Hausjell kritisiert Raab vor diesem Hintergrund deutlich, insbesondere für die Aussage, dass das Geld auch für den ORF nicht „auf den Bäumen“ wachse. Er betont: „Ganz sicher wächst Qualitätsjournalismus nicht auf den Bäumen.“
Soziale Staffelung erwünscht
Das RSO ist Hausjell zufolge klar Teil des Kernauftrags. Es erbringe vielfältige Leistungen. „Viele österreichische Komponistinnen und Komponisten leben davon, da die moderne Musik vielfach nicht marktgängig ist.“ Bei ORF Sport+ stünden wiederum Sportarten im Rampenlicht, „die bisher nicht die Chance hatten, zu höherer medialer Aufmerksamkeit zu kommen.“
Die Einführung einer Rundfunkabgabe für jeden Haushalt hält der Medienexperte wiederum für sinnvoll. „Das entspricht erstens dem technischen Stand der Zeit, zweitens handelt es sich bei der bisherigen Überprüfung der Haushalte um einen massiven Eingriff in die Privatsphäre.“ Drittens falle das bisherige Kontrollsystem weg. Die Höhe müsse noch geklärt werden, ebenso wie die Befreiung, wie es sie jetzt schon bei der GIS gibt. Hausjell empfiehlt darüber hinaus eine soziale Staffelung des Betrags. Das sieht auch Dobusch so: „Warum nutzt man diese Chance jetzt nicht dafür, etwa einen ermäßigten Tarif einzuführen?“ VN-RAM, MAX

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