Mittelschulen und das Besondere

Vorarlberg / 22.02.2023 • 21:30 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Gute Ausstattung, individuell und differenziert: So wirbt die MS Rheindorf Lustenau. VON SONTAGH
Gute Ausstattung, individuell und differenziert: So wirbt die MS Rheindorf Lustenau. VON SONTAGH

Kleinere Gruppen, mehr Lehrer, Differenzierung. Aber nicht die besten Schüler.

DORNBIRN Wilfried Ederer (65), Direktor der Mittelschule Dornbirn Haselstauden, weist höflich, aber bestimmt darauf hin: „Die Schüler unserer Schule nennen wir unsere Kinder. Wir schauen auf ihre Bedürfnisse und dürfen feststellen, dass es ein Drittel von ihnen am Ende ihrer Schullaufbahn zur Matura schafft.“

Der Run auf die beiden Gymnasien in der Messestadt lasse ihn kalt, sagt Ederer. „Wir schauen nicht drauf, wer nicht zu uns kommt. Wir beschäftigen uns voll und ganz mit jenen Kindern, die zu uns kommen.“ Als speziellen Bonus seiner Bildungsstätte bezeichnet Ederer den angebotenen Stützunterricht am Dienstag – und am Mittwochnachmittag. „Das schätzen Eltern und Kinder sehr.“ Dass knapp 60 Prozent der Schüler der MS Haselstauden nicht Deutsch als Muttersprache haben, sei überhaupt kein Handicap.

Viele Kulturen

In Hard streicht Christian Höpperger (53), Direktor an der MS Mittelweiherburg, das Teamteaching sowie die im Gegensatz zu den Gymnasien kleineren Klassen als Pluspunkte heraus. „Unsere Schüler stammen aus insgesamt 17 Nationen und sprechen 17 Sprachen. Ich sehe das als großen Gewinn“, spricht der Schulleiter. Keine Probleme habe er mit jenen Eltern, deren Kinder keinen Platz in einem Gymnasium bekamen und dann bei ihm landen. „Viel problematischer sind jene Schüler, die im Gymnasium aus welchen Gründen auch immer nicht reüssieren konnten und als gebrochene Kinderseelen zu uns kommen. Diese wieder aufzupäppeln, ist eine große Herausforderung.“

Auch sein Kollege von der Mittelschule Lustenau-Rheindorf, Gerd Neururer (60), sieht die Vielfalt an seiner Schule als großes Plus. „Der Unterricht ist individuell und differenziert ausgerichtet. Sowohl Schüler mit pädagogischem Sonderbedarf als auch Lernende, welche die Fähigkeiten für eine höhere weiterführende Schule haben, bekommen bei uns genau das, was sie benötigen. Wir beherzigen den Grundsatz: Jedes Kind braucht unabhängig von seinem Bildungslevel seine Chance.“ Natürlich müsse er sich im Vorfeld des Eintritts von Schülern an seiner Bildungsstätte viel mit kritischen Eltern auseinandersetzen. „Aber das verstehe ich. Die Eltern wollen wissen, was ihre Kinder bei uns bekommen.“

Als großen Vorteil seiner Schule sieht Neururer auch die Ausstattung. „Wir sind ressourcenmäßig wirklich auf einem hohen Level. Gut sei die Kommunikation mit der neuen Direktorin des BG Lustenau, Carmen Timmler. „Von ihren Vorgängern kann ich das nicht behaupten“, sagt der Schulleiter der MS Lustenau Rheindorf.

Begabungen und Neigungen

Dass die Eltern jener Schüler, die in die Sekundarstufe wechseln, sich nicht ausschließlich auf Gymnasien fixieren, wird beim Elternverband propagiert. Elternvertreter Michael Tagger (59): „Wir sind grundsätzlich für eine Gemeinsame Schule und finden diese frühe Trennung der Kinder sehr ungut. In der Situation, wie sie jetzt ist, empfehlen wir den Eltern, sich bei der Schulwahl ganz nach den Begabungen und Neigungen ihrer Kinder auszurichten.“ Oft seien Mittelschulen besser als Gymnasien. „Man möge nicht vergessen, wie schlimm es ist, wenn ein Kind im Gymnasium scheitert und völlig frustriert von dort an eine Mittelschule kommt.“ VN-HK

„Wir schauen nicht auf die, die nicht zu uns kommen, sondern auf die, die kommen.“

Mittelschulen und das Besondere

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