Holpriger Weg zu Volksbegehren

Vorarlberg / 23.02.2023 • 17:43 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Bei der aufgehobenen Abstimmung ging es um eine Umwidmung zur Betriebserweiterung von Rauch in Ludesch. VN/LERCH
Bei der aufgehobenen Abstimmung ging es um eine Umwidmung zur Betriebserweiterung von Rauch in Ludesch. VN/LERCH

Offene Fragen in Gesprächen von Politik und Bürgerinitiative.

BREGENZ 2020 hat der Verfassungsgerichtshof die Möglichkeit gekippt, gegen den Willen der Gemeindevertretung eine Volksabstimmung abzuhalten. Hintergrund war eine geplante Umwidmung in Ludesch. Das Höchstgericht argumentierte mit dem Grundprinzip der repräsentativen Demokratie. Nun, rund drei Jahre später, ist noch nicht klar, wie es weitergeht.

Zwar bekräftigen alle Landtagsparteien den Wunsch nach einer Rückkehr zur früheren Praxis. Doch die Hürden sind hoch. Eine Arbeitsgruppe beschäftigt sich nun mit einem österreichweiten Volksbegehren zu dem Thema. Die Verhandlungen von Parteien und Bürgerinitiative sind schwierig. Vor allem an der Frage der finanziellen Unterstützung spießt es sich.

Kompliziert

Die Sache ist kompliziert. Um zur früheren Möglichkeit zurückzukommen, bräuchte es eine Gesamtänderung der Bundesverfassung und damit auch eine österreichweite Volksabstimmung. Eine solche ist zumindest derzeit nicht in Aussicht. In Vorarlberg setzt sich das Netzwerk „Volksabstimmen über Volksabstimmen“ dafür ein, das bürgerliche Volksabstimmungsrecht auf Gemeindeebene wiederzubeleben. Es wünschte sich eine landesweite Abstimmung, um Druck für das Anliegen zu machen. Doch dazu kommt es nicht. Nach einem gemeinsamen Landtagsbeschluss im Oktober vergangenen Jahres wurde ein österreichweites Volksbegehren als Ziel ausgegeben, das von der Landesregierung unterstützt werden soll. Der Nationalrat muss sich bei einer Schwelle von mindestens 100.000 Stimmen mit dem Anliegen befassen. Nun beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe aus Vertreterinnen und Vertretern aus den Landtagsparteien und der Initiative mit der weiteren Vorgangsweise.

„Wir sprechen den Parteien grundsätzlich nicht den politischen Willen ab. Seit Oktober versuchen wir, auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen“, sagt Christoph Aigner, Sprecher der Initiative. „Aber was Finanzierung und Commitment angeht, geht es nicht wirklich vorwärts.“ Die Verhandlungen seien zeitweise sogar schon kurz vor dem Scheitern gestanden. Mittlerweile ist auch das Büro für Freiwilliges Engagement und Beteiligung (FEB) hinzugezogen worden – das frühere Büro für Zukunftsfragen –, um die Vorgangsweise auszuloten. Der Zeitrahmen beträgt drei Monate. „Dann muss eine Klärung stattfinden“, bekräftigt Aigner.

Von Desinteresse seiner Fraktion will ÖVP-Klubobmann Roland Frühstück nichts wissen. Die ÖVP habe den Beschluss im Landtag schließlich mitgetragen. Aber offenbar gebe es unterschiedliche Ansichten, wie der Einsatz der Politik aussehen könnte. „Ich als Klubobmann werde es mit größter Überzeugung unterschreiben.“ Zudem sei klar, dass er sich für das Anliegen auch einsetzen wolle. Aber Forderungen, wonach sich Landesregierung und Klub auch an der Finanzierung beteiligen sollen, sehe er äußerst kritisch. Das Begehren müsse vom Volk ausgehen, betont der ÖVP-Politiker. Auch der Abgeordnete Bernhard Weber von den Grünen spricht von „Auffassungsunterschieden, wie man den ganzen Prozess angehen soll“. Letztlich sei man aber übereingekommen, dass die Frage des Budgets nicht als Erstes angegangen werden könnte. Zunächst müssten etwa Herangehensweise an das Thema und die unterschiedlichen Verantwortlichkeiten geklärt werden, sagt er und verweist auf den Prozessvorschlag des FEB. Ob man am Ende erfolgreich sein werde, sei offen. „Es kann natürlich scheitern.“

Opposition sieht Klärungsbedarf

Klärungsbedarf sieht auch die Opposition. Nach dem Landtagsbeschluss müsse festgelegt werden, was die Landesregierung unter Unterstützung verstehe, sagt Neos-Mandatar Johannes Gasser. „Entscheidend ist aber, dass man das Pferd nicht von hinten aufzäumt.“ Zuerst müsse der Prozessablauf klar sein, dann die finanziellen Mittel. Einige „extrem schwierige Sitzungen“ ortet die geschäftsführende Klubobfrau der SPÖ, Manuela Auer. Klar sei: Ein österreichweites Volksbegehren brauche Organisation, es koste Geld. „Wenn wir alle möchten, dass es zustande kommt, dann wird auch jeder einen Beitrag leisten müssen.“ Die Bereitschaft dazu sei nicht von allen da. Sie gibt auch zu bedenken: „Eine Volksabstimmung wäre teurer gewesen.“

FPÖ-Chef Christof Bitschi äußert sich wiederum optimistisch, dass eine Einigung gelingen kann: „Ich bin zuversichtlich, dass wir in den kommenden Gesprächen zu einem positiven Ergebnis kommen und gemeinsam die direkte Demokratie wieder stärken können.“ VN-RAM

„Wir sprechen den Parteien grundsätzlich nicht den politischen Willen ab.“

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