Auftakt zur Variantensuche mit Misstönen

Vorarlberg / 26.02.2023 • 17:46 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Variantenstudie der ÖBB sieht in oberirdischem Ausbau die beste Lösung.
Variantenstudie der ÖBB sieht in oberirdischem Ausbau die beste Lösung.

Bahnausbau: Unterflurbefürworter orten im Prozess zur Bestvariantensuche bereits im Vorweld ein „Feigenblatt“.

Bregenz Die Einladungen sind längst an einen großen Verteilerkreis verschickt. Bürgermeister, Stadt- und Gemeindevertreter sowie die Abgeordneten zum Landtag sollen heute Montag, 18 Uhr, auf einen gemeinsamen Kenntnisstand gebracht werden. Es ist der Auftakt zur Bestvariantensuche für den Ausbau der Schieneninfrastruktur im Unteren Rheintal. Begleitet wird der vom Landtag Mitte Dezember 2022 beschlossene Prozess schon im Vorfeld von Misstönen. Unterflurbefürworter, wie die Genossenschaft mehramsee, orten eine „eigenartige Vorgehensweise des Landes“.

Für Unmut sorgt die Auswahl der Studien, die bereits im Rahmen der Auftaktveranstaltung als Grundlage für den gemeinamen Prozess herangezogen werden. „Obwohl die SMA-Studie und die Variantenstudie ÖBB-Zielnetz 2040 von unterschiedlichen Seiten vor allem wegen falscher Fragestellungen an die Autoren krititisch hinterfragt werden, baut Landesrat Daniel Zadra weiter ausschließlich auf diesen auf“, so mehramsee-Vorsitzender Pius Schlachter.

„Eigenartige Vorgehensweise“

Ergebnisse früherer Studien, die eine unterirdische Verlegung der Gleise als Bestvariante sahen, eine technische Machbarkeit bestätigten und auch eine Finanzierbarkeit und einen volkswirtschaftlichen Mehrwert nachgewiesen haben, würden darin hingegen keinerlei Berücksichtigung finden. „Die Vorgehensweise des Landes mutet jedenfalls eigenartig an. Der sogenannte offene Prozess mutiert zum Feigenblatt“, befindet Schlachter im Vorfeld der Bestvariantensuche.

Tatsächlich sind in der Einladung, die den VN vorliegt und von den Landesräten Daniel Zadra und Marco Tittler verschickt wurde, ausschließlich die beiden öffentlich finanzierten Studien erwähnt. Jene zur Variantenstudie „Bahn-Zielnetz 2040“, die in einem oberirdischen Ausbau große Vorteile sah, sorgte bereits innerhalb der Landesregierung für Differenzen. ÖBB und Land hatten sie in Auftrag gegeben.

Landeshauptmann Markus Wallner kritisierte in einer Klartextansage Mitte Dezember 2022 in den VN allerdings, dass eine unterirdische Lösung nicht ernsthaft angeschaut worden sei. „Von vornherein einfach eine Variante ausschließen, das geht mit Vorarlberg nicht“, so Wallner damals in Richtung ÖBB.

Während sich Landeshauptmann Wallner ein Verlegen weiterer Gleise oberirdisch nur schwer vorstellen kann, schließt der Koalitionspartner eine jahrelange Totalsperre von Gleisabschnitten, die eine Unterflurvariante zur Folge hätte, kategorisch aus. Der Bahnausbau Unteres Rheintal ist längst zum Politikum geworden.

Gemeinden für Unterflurlösung

Festgelegt haben sich indes parteiübergreifend die fünf von einem Bahnausbau betroffenen Anrainergemeinden Lochau, Hörbranz, Bregenz, Lauterach und Wolfurt. Sie haben mehrfach deponiert, dass ein zweites Gleis zwischen Bregenz und Lochau und drittes Gleis zwischen Lauterach und Bregenz-Vorkloster oberirdisch keinesfalls infrage komme.

Holpriger Start

Die Positionen lagen schon im Vorfeld weit auseinander. Der „offene Prozess hin zu einer Bestvariante“ scheint jetzt zudem holprig zu starten. Dabei drängt die Zeit. Die am Ende ermittelte Variante muss es auch ohne konkretes Projekt ins Zielnetz 2040 der ÖBB schaffen. Ein Jahr ist dafür noch Zeit. Nur so sei eine Finanzierung gesichert, heißt es dazu beim Land.

Unterdessen werfen sich die Befürworter einer Unterflurvariante ordentlich ins Zeug. Mit einer Visualisierung möglicher Lärmschutzwände entlang der Pipeline und einer eigenen Matrix zu Vor- und Nachteilen der beiden Varianten macht die Genossenschaft mehramsee Stimmung. „Eine Unterflurlösung im Großraum Bregenz würde rund 16 Hektar öffentlich nutzbare Fläche freimachen“, so deren Vorsitzender Pius Schlachter in einer Aussendung. Mit einem oberirdischen Ausbau würden hingegen pro zusätzlichem Gleis rund sechs Hektar Boden verbaut. „Ein fatales Signal in Zeiten von Bodenverknappung und Klimawandel“, so Schlachter weiter. VN-MIG

Studie zum Schienenbedarf in den nächsten Jahren.
Studie zum Schienenbedarf in den nächsten Jahren.
Frühere Studien pro Unterflurtrasse ­werden zum Auftakt nicht thematisiert.
Frühere Studien pro Unterflurtrasse ­werden zum Auftakt nicht thematisiert.
„Die Vorgehensweise des Landes mutet eigenartig an“, befindet Pius Schlachter.
„Die Vorgehensweise des Landes mutet eigenartig an“, befindet Pius Schlachter.

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