„Deutsche Bahn gibt dir den Rest“

Vorarlberg / 01.03.2023 • 21:07 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Die Deutsche Bahn führt derzeit wieder Bauarbeiten im Deutschen Ecke durch. Bis voraussichtlich 2. Mai kommt es deswegen zu Sperren entlang der Bahnstrecke. ÖBB
Die Deutsche Bahn führt derzeit wieder Bauarbeiten im Deutschen Ecke durch. Bis voraussichtlich 2. Mai kommt es deswegen zu Sperren entlang der Bahnstrecke. ÖBB

Ärger über Sperren im Deutschen Eck. Lochauerin ist mit der Geduld bald am Ende.

LOCHAU, WIEN Petra Böck (47) aus Lochau redet sich leicht in Rage, wenn sie auf das Thema Bahnfahren zu sprechen kommt. Die gebürtige Wienerin lebt seit 22 Jahren in Vorarlberg und pendelt seither regelmäßig in ihre alte Heimat, mittlerweile alle zwei bis drei Wochen, um sich um ihre 83-jährige, pflegebedürftige Mutter zu kümmern. Aus Zeitgründen meistens mit dem Nachtzug. Am einen Tag hin, am nächsten Tag zurück. Noch. Denn seit ein paar Jahren sei das eine Katastrophe, sagt sie. Es gehe drunter und drüber. Die Lage spitze sie immer mehr zu. „Wenn es so weitergeht, muss ich bald auf das Auto oder das Flugzeug umsteigen, weil es einfach nicht mehr funktioniert“, hält die zweifache Mutter fest. Das Urproblem sei, dass der Nachtzug chronisch überfüllt und derzeit zudem total veraltete Liegewagen auf der Strecke unterwegs seien. Hinzu kämen die permanenten Bauarbeiten durch die Deutsche Bahn.

„Entweder du bekommst keinen Platz oder du bekommst einen Horrorplatz“, fasst Petra Böck das Dilemma zusammen. Früher habe sie am Mittwoch gebucht und sei am Samstag spontan nach Wien gefahren. Das sei schon lange nicht mehr möglich. Zum Glück sei sie selbstständig und dadurch etwas flexibler. „Es gibt einen einzigen Nachtzug pro Nacht und der ist immer knallvoll. Warum hängen sie nicht noch einen Wagon dran“, fragt sich die Wahl-Lochauerin.

Ein paar Jahre lang hätten die ÖBB moderne Liegewagen auf der Ost-West-Strecke eingesetzt. Jetzt seien die uralten wieder da. Auf Nachfrage habe man ihr erklärt, dass neue Wagons durch einen Brand zerstört wurden. Die ganz neuen würden auf überregionalen Strecken wie Wien-Berlin fahren, kritisiert Böck. Privatabteile seien aus unbekannten Gründen gar keine mehr buchbar. Seit Corona verkaufe man außerdem die 6er-Liegewagen als 4er-Liegewagen. „Obwohl die wesentlich teurer sind, lassen sie alle sechs Pritschen offen. Von ÖBB-Angestellten wurde mir gesagt, dass sie sie nicht mehr zusammenklappen dürfen, weil es zu viele Verletzungen gab. Ich unterstelle ihnen Zeit- und Personalersparnis“, schildert die 47-Jährige.

Schienenersatzverkehr

Was ihre Geduld zusätzlich strapaziert, sind der Schienenersatzverkehr, Umleitungen und Verspätungen, die auch in den kommenden Wochen auf sie zukommen werden. Wie berichtet, führt die Deutsche Bahn derzeit wieder Bauarbeiten im Deutschen Ecke durch. Bis voraussichtlich 2. Mai kommt es deswegen zu Sperren entlang der Bahnstrecke. Erste umfassende Fahrplanänderungen sind an den ersten beiden Märzwochenenden sowie an einigen Werktagen vom 3. bis einschließlich 16. März geplant. Auf der Strecke zwischen Salzburg und Wörgl bzw. Kufstein wird ein Schienenersatzverkehr mit Bussen eingerichtet. Vereinzelt werden Züge laut ÖBB über Zell am See umgeleitet, die Fahrtzeit verlängert sich um bis zu zwei Stunden.

Hauptreisezeit

„Wenn uns die Deutschen auch noch permanent Bauarbeiten aufs Auge drücken, dann ist die ÖBB noch unflexibler. Ich habe das Gefühl, die nehmen alles hin. Mittlerweile bekommst du vor einer Reise drei E-Mails, was alles anders ist“, ärgert sie sich. Das gehe schon seit Jahren so. Auffallend sei, dass die Deutsche Bahn auch oft zu Hauptreisezeiten baue, ergänzt Petra Böck, die ein bitteres Fazit zieht: „Es wäre toll, mit dem Nachtzug zu fahren, aber die ÖBB vermiest es dir und die Deutsche Bahn gibt dir den Rest.“ VN-GER

„Wenn es so weitergeht, muss ich bald auf das Auto oder das Flugzeug umsteigen.“

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