Wir reden aneinander vorbei!

Vorarlberg / 01.03.2023 • 20:17 Uhr / 3 Minuten Lesezeit

Anfang Februar war ich beim VN Stammtisch in Lustenau. Zum „ewigen“ Thema S18. Seit ich mich an Nachrichten erinnern kann, geht’s bei uns im Land um diese Straße. S18 kennt jeder. Also wieder eine Diskussion unter Politikern? Weit gefehlt. Auch eine Klimaaktivistin war am Podium. Und das machte die Diskussion hochinteressant. Und dabei hatte ich eine Erkenntnis:

Wir reden aneinander vorbei!

Warum?

Politiker versinken in den Details der S18, Klimaaktivisten und Wissenschafter reden von der Zukunft unserer Gesellschaft. Und beide wollen zur Lösung in der Diskussion beitragen. Seit vielen Jahren haben sich nämlich Expertinnen und Experten intensiv damit beschäftigt, wie wir den Verkehr im Rheintal organisieren.

Doch mittlerweile haben sich die Rahmenbedingungen verändert. Nicht nur wirtschaftliche oder soziale. Nein, mittlerweile hat sich eine der grundlegendsten Rahmenbedingungen verändert, nämlich das Klima. Wir verändern unser Klima. Und diese Veränderung kann nicht einfach so wegdiskutiert oder hier und da übergangen werden.

Denn das Klima beeinflusst eigentlich alles. Einerseits durch die schon sichtbaren Auswirkungen des Klimawandels. Und andererseits dadurch, dass wir unsere Lebens- und Wirtschaftsgrundlage durch drastische und rasche Senkung unseres Treibhausgasausstoßes schützen müssen. Es reicht daher also nicht mehr, über Verkehrszahlen, Lkw-Fahrten von A nach B, Trassenvarianten oder den Straßenverlauf der S18 zu reden.

Wir müssen uns viel grundsätzlicher überlegen, wie wir eine nachhaltige, klimafitte Zukunft gestalten wollen. Wie diese aussieht. Und zwar nicht nur im Verkehr, sondern in der Wirtschaft insgesamt! In der Politik! In unserem Leben! Wir müssen uns als Gesellschaft überlegen: Was ist ein gutes Leben?

Dann haben wir eine gemeinsame, tragfähige Basis anhand derer abgewogen und entschieden werden kann, wie wir uns organisieren wollen; wie wir arbeiten, wie wir leben wollen. Und daraus kann dann abgeleitet werden, welche Infrastruktur wir dazu brauchen!

Ist unsere Gesellschaft und unsere Politik dafür bereit? Oder bleiben wir in der Sackgasse stecken, und diskutieren ohne Chance auf ein jemals zufriedenstellendes Ergebnis weiter über die S18?

Dann würden wir wirklich weiter aneinander vorbei reden. Und zwar absichtlich. Was wir brauchen ist also eine gemeinsame Diskussion über unser Land: Eine Zukunftswerkstatt. Wo soll es hingehen in Vorarlberg?

Denn eigentlich haben wir die große Chance, unser Land zum Leuchtturm für eine nachhaltige Lebensweise zu machen. Nutzen wir sie!

„Wir müssen uns grundsätzlich überlegen, wie wir eine nachhaltige, klimafitte Zukunft gestalten wollen. Wir müssen uns überlegen: Was ist ein gutes Leben?“

Simon Tschannett

simon.tschannett@vn.at

Der Vorarlberger Simon Tschannett ist Meteorologe und beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Thema Stadtklimatologie.

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