Die Frage nach der Kalkulationsbasis

Warum das Strom-Urteil des Handelsgerichts Wellen bis nach Vorarlberg schlägt und was man ab April zahlen muss.
Bregenz Am Mittwoch wird der Landtag voraussichtlich den Stromrabatt für Haushalte in Vorarlberg beschließen, mit 1. April steigen die Energiepreise der illwerke vkw. Was man wissen muss.
Wie viel muss ich bezahlen? Rein auf dem Papier verdoppelt sich der Strompreis der illwerke vkw, dem landeseigenen und in Vorarlberg wichtigsten Energieanbieter, auf 24 Cent pro Kilowattstunde (KWh). Das Land will jedoch für jedem Haushalt drei Cent pro verbrauchter KWh übernehmen. Und der Bund deckelt den Strompreis für einen Verbrauch von bis zu 2900 KWh bei zehn Cent, für größere Haushalte gibt es zusätzliche Unterstützungen. 80 Prozent der österreichischen Haushalte lägen unter diesem Grenzwert. Beide Rabatte werden automatisch vom Anbieter im Rechnungsjahr 2023 berücksichtigt. So kann sich ein Haushalt mit einem Verbrauch von 2000 KWh über ein reales Minus von 3,75 Prozent freuen, einer mit 5000 KWh müsste aber mit Preissteigerungen von 20,2 Prozent rechnen.
Worum ging es beim Urteil des Handelsgerichts? An sich ging es um eine Preiserhöhung, die der Verbund im März 2022 für Mai desselben Jahres ankündigte. In der Begründung bezog sich der Energieanbieter auf die Großhandelspreise, was das Handelsgericht nicht als ausreichend empfand. Denn das Wertverhältnis zwischen Leistung und Preis sollte möglichst korrekt beibehalten werden. Diese Begründung erlaubte jedoch Zufallsgewinne für den Verbund, falls die Großhandelspreise nicht wie erwartet steigen. Hier spielt auch eine Rolle, dass der Verbund kein reiner Händler ist, sondern selbst auch Energie produziert. Der Verbund geht in Berufung, das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Was bedeutet das Urteil tatsächlich? Die große Frage bei der Festlegung der Strompreise ist damit die Kostenstruktur und an welchem Wert man sich orientieren muss. Einerseits müssen viele Energieanbieter große Energiemengen zukaufen. Dem liegen verschiedene Vertragskonstruktionen zugrunde. Andererseits produzieren sie Energie, was im laufenden Betrieb grundsätzlich günstiger ist als der Zukauf. Gerade erneuerbare Energien sind in der Produktion relativ günstig. Ein reiner Hinweis auf Inflation, Ukrainekrieg und Börsenpreise reicht demnach nicht für Preiserhöhungen, ist auch das Fazit eines Gutachtens von Universitätsprofessor Alexander Schopper zur Lage in Tirol für die Arbeiterkammer. Die Frage ist nun, wie sind die eigenen Produktionskosten in der Preisgestaltung zu gewichten.
Wie wird in Vorarlberg Strom produziert? Die illwerke vkw setzt in der Eigenproduktion vor allem auf Wasserkraft. Die Speicherkraftwerke sind hilfreich, um Verbrauchsspitzen aufzufangen, aber weniger für den Betrieb rund um die Uhr geeignet. Sie kaufen daher in Vorarlberg und Österreich Energie zu, um den Normalbedarf abdecken zu können. Dazu zählen etwa private Einspeiser mit Photovoltaikanlagen oder diverse Kleinkraftwerke. Dies ist, was sich im Strommix der illwerke vkw widerspiegelt, da hier die Herkunftszertifikate des an die Endkunden verkauften Stroms dargestellt werden – sowohl aus Eigenproduktion wie auch zugekaufte Fremdproduktion.
Am Mittwoch erklärte Vorstandsmitglied Christof Germann, dass die illwerke vkw 2022 nur 40 Prozent ihres Bedarfs selbst durch Wasserkraft produzierte, der Rest wurde zugekauft. Auch künftig werde man daher große Strommengen auf dem Markt kaufen müssen.
Warum wird der Preis dann wie geplant erhöht? Die illwerke vkw betont, dass die Preise nicht im gleichen Umfang wie die Großhandelspreise steigen. Tatsächlich fällt der Anstieg um etwa 26 Prozent geringer aus. Und Eigentümervertreter und Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) und Energielandesrat (Daniel Zadra) fordern eine Abklärung der Rechtslage und Preistransparenz ein., und auch, dass der Energiepreis in Vorarlberg wieder sinkt, sobald es der Markt erlaubt.
Wann werden die Preise wieder sinken? Da sinkende Preis bei gleichbleibender Leistung zum Vorteil des Kunden sind, sind diese an sich immer erlaubt. Und tatsächlich erwarten Experten wie E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch, dass sich der Strompreis im Sommer wieder erholt. Es wäre aber vermessen zu erwarten, dass er auf das Niveau von 2020 zurückfindet, warnt er in der „Zeit im Bild“. Urbantschitsch befürchtet, dass falls künftig rein die Produktionskosten herangenommen werden müssten, sich manche Energieanbieter aus dem Markt für Haushalte zurückziehen. VN-rau

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