Fußach geht der Fußach auf den Grund

Vorarlberg / 02.03.2023 • 18:25 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
Fußach geht der Fußach auf den Grund
Die Fußach ist heute ein Gerinne, das in den 1970er-Jahren befestigt wurde und nur durch Oberflächenwasser gespeist wird.

Der Fluss durch das Ortszentrum soll wiederbelebt werden. Ob das überhaupt möglich ist, wird in den nächsten Wochen untersucht.  

Fußach Von der Fußach ist nicht mehr viel übriggeblieben. Einst schlängelte sich der Fluss mit einer Breite zwischen 20 bis 30 Metern oder mehr durch das Ortsgebiet von Fußach.

Fußach geht der Fußach auf den Grund
 
Die Fußach schlängelte sich einst mit einer Breite von 20 bis 30 Metern mitten durch das Ortsgebiet von Fußach.

Die Rheindeltagemeinde war bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts überregionaler Handels- und Warenumschlagplatz im Transit von Süddeutschland nach Mailand. Die Schiffe legten direkt im Zentrum an. Als berühmtester Fahrgast gilt Johann Wolfgang von Goethe. Er trat den Rückweg von seiner ersten Italienreise mit dem “Mailänder Boten” an und nächtigte am Montag, 12. Juni 1788, im Gasthaus Krone, dem heutigen Haus Montfortstraße 2 neben der Kirche. 

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Der Rheindurchstich war für Fußach im wahrsten Sinne des Wortes ein einschneidendes Ereignis. Die Fußacher kämpften gemeinsam mit anderen Gemeinden und mit ganz Vorarlberg jahrzehntelang und bis zum Schluss gegen diese Variante, da es andere, ökologisch verträglichere und nachhaltigere Varianten gab. Doch die Schweiz setzt sich in Wien gegen die Vorarlberger Interessen durch. Die Bürgerinitiative kritisiert außerdem, dass es für Fußach niemals adäquate Entschädigungen gab.

Seit dem Rheindurchstich im Jahr 1900 ist alles anders. Die Hafenanlage wurde zerstört. Die Fußach wurde umgeleitet und fließt heute kanalisiert als Dornbirner Ache auf der Harder Seite des Rheins in den Bodensee. Auf der Fußacher Seite ist ein Gerinne übriggeblieben, das in den 1970er-Jahren befestigt wurde und nur durch Oberflächenwasser gespeist wird.

Fußach geht der Fußach auf den Grund
Der Fußacher Durchstich wurde zwischen 1895 und 1900 gebaut. Es war die größte B austelle Mitteleuropas. Der ursprüngliche Verlauf des Rheins von St. Margrethen (Eselschwanz) via Rheineck / Gaißau in Richtung Rheinspitz wurde mit diesem markanten Eingriff um sieben Kilometer verkürzt. Seither fließt der Rhein auf einer Strecke von fünf Kilometern von Höchst / Lustenau Richtung Hard / Fußach und dort direkt in den Bodensee.

Eine Bürgerinitiative möchte das ändern und die alte Fußach zumindest teilweise wiederbeleben. In ein paar Wochen soll feststehen, ob das überhaupt möglich ist. Die BH-Verhandlung zur geplanten Baugrunduntersuchung findet kommende Woche statt.

Fußach geht der Fußach auf den Grund
Dort wo die Gemeinde bereits Flächen an der Fußach besitzt, soll die Renaturierung mit der Zentrumsentwicklung verbunden werden.

„Es handelt sich um eine Voruntersuchung, bei der man schaut, ob überhaupt ausreichend Wasser da ist. Wenn das der Fall ist, können wir weiterplanen, ansonsten ist das Projekt gestorben“, erläutert Bürgermeister Peter Böhler.

Fußach geht der Fußach auf den Grund
Bürgermeister Peter Böhler.

Als Quelle für die Fußach soll ein Grundwasserstrom dienen, der unter der Sohle des Rheins verläuft. Im Zuge der Bohrungen wird überprüft, wie viel Wasser vorhanden ist und wie der Untergrund dort beschaffen ist. Zu einem Problem könnte der sehr lehmige Boden in Fußach werden. „Lehmig heißt sehr wenig Durchlässigkeit. Nur wenn es kiesig genug ist, kann Wasser entnommen werden“, führt der Bürgermeister aus.

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Die Fußacher Ache vor dem Durchstich und heute.

Überlegungen zur Renaturierung der Fußach gibt es schon seit knapp zehn Jahren. Das Projekt sorgte auch im letzten Gemeindewahlkampf für Diskussionen. Peter Böhler war als Bürgermeisterkandidat Mitglied der Bürgerinitiative. Sein Vorgänger Ernst Blum hatte sich stets dagegen positioniert. Mittlerweile sei man sich in der Gemeindevertretung aber weitgehend einig, bekräftigt Böhler.

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Der Rheinverlauf vor und nach dem Durchstich.
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Das Rheintal vor dem Durchstich.

Vorausgesetzt, es gibt genug Wasser, steht noch in den Sternen, wie schnell das Projekt umgesetzt werden kann. Unter anderem muss das Einvernehmen mit den 96 Eigentümern einer alten Interessensgemeinschaft gefunden werden. Die Situation vereinfachen würde laut Bürgermeister das bestehende Gerinne, das von der theoretischen Wasserentnahmestelle bis zum See knapp vier Kilometer lang ist. „Man müsste das alte Bachbett nur ausbaggern und nachmodellieren“, führt Peter Böhler aus.

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Die Bauarbeiten am Dornbirner Kanal. Einst hieß die Dornbirner Ache auch in Dornbirn Fußach. Parzellen wie Fussenegg oder Fussenau erinnern daran. Auch das Geschlecht der Fussenegger lässt sich wohl von der alten Flussbezeichnung ableiten. Die Fußach entspringt noch heute im Fußachtal im Dornbirner Firstgebiet.
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Bis zu 1200 Arbeiter gleichzeitig waren mit den Bauarbeiten am fünf Kilometer langen Fußacher Rheindurchstich beschäftigt.
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Das Hochwasser war früher eine der Hauptsorgen der Rheindeltagemeinden. Von den vielen Rheinüberschwemmungen waren die folgenschwersten in den Jahren 1817, 1834, 1868, 1888 und 1890. Mit dem Fußacher Rheindurchstich wurde ein wirksamer Schutz geschaffen.
Fußach geht der Fußach auf den Grund
Wieder angestoßen wurde das Projekt Renaturierung von Heidi Senger-Weiss, Seniorchefin von Gebrüder Weiss. Die Spedition und die Familie Weiss haben ihren Ursprung in Fußach. Die alte Faktorei aus dem Jahre 1795 steht heute noch in der Ferdinand-Weiss-Straße.
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Heidi und Paul Senger-Weiss.

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