Von der Öffentlichkeit öffentlicher Vergaben
Direktvergaben auf dem Prüfstand, die Gemeinden bestehen darauf.
WIEN, BREGENZ Möchte die öffentliche Hand Aufträge vergeben, deren geschätzter Wert unter 100.000 Euro liegt, braucht es keine Ausschreibung, sie können direkt erteilt werden. Das Gesetz sieht mit 50.000 Euro zwar eine niedrigere Grenze vor, per Verordnung wurde die Schwelle aber angehoben.
Diese wurde erstmals 2009 erlassen und zuletzt von Justizministerin Alma Zadić bis Ende 2022 verlängert. Für einen Zeitraum von knappen 13 Jahren konnten „wertvollere“ Aufträge direkt zugesprochen werden. Laut Juristin Claudia Fuchs (Universität Linz) war das immer ein „Kriseninstrument“ für wirtschaftlich schwierige Zeiten: „Es sollten Erleichterungen herbeigeführt werden. Aber immer als Provisorium.“
Trotzdem rechneten vor allem die Gemeinden damit, dass die Regelung abermals verlängert wird. Das ist auch passiert. Ein Schreiben aus dem Justizministerium sorgte dennoch für Aufruhr; es liegt den VN vor. Denn zum einen galten wegen einer verspäteten Kundmachung ab Jahresbeginn bis zum 7. Februar kurz die niedrigeren Grenzen. Und „gerade im Hinblick auf die durchschnittlichen Schwellenwerte innerhalb der EU“ wird im Dokument eine Prüfung dieser Maßnahme in Aussicht gestellt: Fachliche Gründe würden eine Nicht-Verlängerung „nahelegen“.
Claudia Fuchs sieht solch einen Grund etwa im ursprünglichen Sinn des Vergabeverfahrens: Kommunen seien immer gesetzlich dazu verpflichtet, Angebote auf Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Effizienz zu prüfen: „Diese erhöhten Schwellenwerte sind kein Freibrief.“ Es sei daher zweckmäßig, „über die Höhe nachzudenken“, sagt Fuchs.
Regionalität als Sinn der Sache
Das kann Dornbirns Bürgermeisterin und Gemeindeverbandspräsidentin Andrea Kaufmann (ÖVP) nicht nachvollziehen: „Für die Gemeinden ist es ein Muss, dass die Verordnung verlängert wird.“ Sie sieht zwei klare Vorteile darin: Zum einen könne man mit Direktvergaben Unternehmen aus der Region beauftragen, zum anderen sei man schneller als mit Ausschreibungen. Das heiße nicht, dass man nicht mehrere Angebote für ein Projekt einhole. Der „Sinn“ der Direktvergabe sei aus ihrer Sicht aber eben die Regionalität.
Solche Aussagen beurteilt Claudia Fuchs kritisch: „Mit dem Begriff der ‘Förderung’ tut man sich im Vergaberecht immer schwer.“ Eindeutige Regionalerfordernisse seien in einer Ausschreibung – insbesondere unter europarechtlichen Vorgaben – „problematisch“. Im Allgemeinen gebe es diesbezüglich aber „Gestaltungsmöglichkeiten“.
Die wünscht sich Lustenaus Bürgermeister Kurt Fischer (ÖVP) im VN-Gespräch: „Für eine Gemeinde wie Lustenau, die dermaßen intensiv investiert, ist das essentiell.“ Mit der Grenze von 100.000 Euro komme man aber gut aus: „Dieser Umfang hat sich gut bewährt, damit kann man extrem viel tun.“
Claudia Fuchs sieht in den erhöhten Schwellenwerten aber noch ein weiteres Problem: „Dass die Grenze so hoch ist, ist vor allem ein Thema der Transparenz.“ Um die zu gewährleisten, sollte man laut Fuchs deshalb die Länder und Gemeinden zu Bekanntmachungen über erfolgte Direktvergaben verpflichten. Denn die Schwelle sei in Europa „schon vergleichsweise hoch“.
Das Ministerium übermittelte nur eine kurze Stellungnahme; die Verordnung werde derzeit auf mehreren Ebenen geprüft, erst danach könne man nähere Angaben machen. Warum die Verordnung 2023 erst im Februar kundgemacht wurde und damit eine Lücke ab Neujahr entstand – für Fischer ein „Zick-Zack-Kurs“ –, wurde auch auf Nachfrage nicht begründet. MAX
„Für eine Gemeinde wie Lustenau, die dermaßen intensiv investiert, ist die Verordnung essenziell.“
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