Koalitionszwist um Klimapolitik
Rede von Kanzler Karl Nehammer verwundert Grünen Koalitionspartner.
Wien Die türkis-grüne Bundesregierung streitet über die Zukunft der Fahrzeugtechnologie in der Europäischen Union. Die Grüne Klimaschutz- und Verkehrsministerin Leonore Gewessler widersprach Bundeskanzler Karl Nehammer, der sich bei seiner „Rede zur Zukunft der Nation“ gegen ein Aus für Verbrenner ab 2035 gestellt hatte.
„Ideologisches Festhalten am Verbrenner wird das Klima nicht retten“, schrieb Gewessler auf Twitter. „Wir nehmen die Klimakrise und die Sorgen der Menschen in Österreich ernst. Das sollte auch der Kanzler tun“, fügte sie hinzu. Nehammer sprach sich gegen Warnungen vor einer „Untergangsapokalypse“ aus und bezeichnete Österreich wegen der vielen Jobs in der Fahrzeugbranche als „Autoland schlechthin“.
Für Peter Filzmaier war die Ansprache Nehammers – zuvor teilweise als „Kanzlerrede“ tituliert – keinesfalls eine solche: „Er wollte geschlossene Reihen in der Partei erzeugen und klassische Wählergruppen der ÖVP ansprechen“, sagt der Politikwissenschaftler im Gespräch mit den VN. Deswegen seien die Sticheleien in Richtung der Grünen – etwa mit der Verkündung konträrer Positionen zum Koalitionspartner – nicht überraschend gewesen: „Es wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nach der nächsten Nationalratswahl keine schwarz-grüne Koalition mehr geben und auch die Wählerströme zwischen den beiden Parteien sind überschaubar.“
Keine Rücksicht notwendig
Aus diesen Gründen sei es überhaupt nicht notwendig, Rücksicht auf den Koalitionspartner zu nehmen, sagt Filzmaier. Das Regierungsteam der Volkspartei wisse, dass die Grünen mit einem frühzeitigen Ausstieg, wegen solcher Aussagen des Kanzlers, realpolitisch nur Nachteile in Kauf nehmen würden. Gleichzeitig müsste den Grünen bewusst sein, dass der große Wurf in der Umweltgesetzgebung – die Rede ist vom viel geforderten Klimaschutzgesetz – sowieso nicht mehr gelingen werde. Egal ob mit „Kanzlerrede“ oder ohne. Das liege auch daran, dass spätestens im Herbst kommenden Jahres ein neuer Nationalrat gewählt wird.
Dort stehe für die Türkisen sowieso nur ein Aspekt auf dem Spiel: „Da wird es für die ÖVP darum gehen, zumindest in Regierungsverantwortung zu bleiben. Ob als Kanzlerpartei oder ‚nur‘ als Juniorpartner ist eigentlich egal.“ MAX
Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.