Drogenkonsumenten am Steuer: Zahl der Anzeigen massiv im Steigen

Die Drogenanzeigen im Straßenverkehr haben sich innerhalb eines Jahres verdoppelt.
Bregenz Ein Geisterfahrer auf gefährlicher Fahrt auf der Autobahnauffahrt unter Drogeneinfluss. Über ein Dutzend zugedröhnte Berufskraftfahrer, die Polizisten bei einer Schwerpunktaktion ins Netz gehen. Ein betrunkener und benebelter Probeführerscheinbesitzer, der auf der Autobahn einen Unfall verursacht. Ein berauschter Autofahrer, der drei Polizeiautos rammt.

Die Liste an Drogenlenkern, mit denen es die Vorarlberger Polizisten in den vergangenen Monaten zu tun hatten, ist lang. Im Vorjahr gab es der unlängst veröffentlichten Verkehrsüberwachungsbilanz der Polizei zufolge 512 Anzeigen wegen Drogen am Steuer in Vorarlberg. Das sind mehr als doppelt so viele als noch im vorangegangenen Jahr 2021.
In letzter Zeit standen mehr Lenker unter Kokain-Einfluss. Ein langfristiger Trend ist aber keiner zu erkennen.
Peter Rüscher, Verkehrspolizei
Den massiven Anstieg ortet Peter Rüscher von der Landesverkehrsabteilung der Vorarlberger Polizei vor allem in der erhöhten Kontrolldichte und der zunehmenden Erfahrung der Beamten im Umgang mit Lenkern unter Drogen- beziehungsweise Suchtgifteinfluss.
Drogen am Steuer
Strafen und Entziehung der Lenkberechtigung
– Verwaltungsstrafe von 800 bis 3700 Euro
– beim ersten Mal droht ein einmonatiger Führerscheinentzug
– hat der Lenker einen Verkehrsunfall verschuldet, so ist der Führerschein mindestens drei Monate weg
– bei Wiederholungsfall innerhalb fünf Jahren mindestens acht Monate
Weitere Maßnahmen
– beim ersten Mal Verkehrscoaching zur Bewusstmachung der besonderen Gefahren des Lenkens von Kfz unter Alkoholeinfluss oder Suchtgiftbeeinträchtigung und dessen Folgen
– im Wiederholungsfall innerhalb von fünf Jahren Nachschulung und positives amtsärztliches Gutachten, eine verkehrspsychologische und eine fachärztliche Stellungnahme
Strafen bei Verweigerung der Kontrollen
– Verwaltungsstrafe von 1600 bis 5900 Euro
– Entziehungsdauer der Lenkberechtigung mindestens sechs Monate
“Mittlerweile gibt es in Vorarlberg 50 Polizisten, die dafür geschult sind”, berichtet Rüscher. Bevor Beamte Drogenvortests durchführen dürfen, müssen sie eine viertägige Ausbildung absolvieren. Außerdem stehe inzwischen ein Ärztepool zur Verfügung, damit Untersuchungen im Verdachtsfall rasch erfolgen können. “Das ist extrem wichtig. Zwei Stunden später kann sich die Sachlage schon wieder ganz anders darstellen.”

Grundsätzlich sei es so, dass sich die Anzeigen quer durch die Altersgruppen ziehen. “Am ehesten gibt es eine Häufung bei männlichen Fahrern zwischen 20 und 35 Jahren”, sagt Rüscher. Aber es würden auch immer wieder berauschte Frauen bei Kontrollen aus dem Verkehr gezogen. Und von Verkehrsteilehmern mit geringem Einkommen bis hin zum gut situierten Manager seien auch alle Berufsschichten vertreten.

Sorgen bereitet dem Oberstleutnant die Tatsache, dass immer öfter bei Unfällen Suchtgift im Spiel ist. Zu tun haben es die Beamten auch immer wieder mit “Wiederholungstätern” beziehungsweise solchen Lenkern, die trotz Führerscheinentziehung noch immer mit ihren Fahrzeugen unterwegs sind. Außerdem geht er von einer hohen Dunkelziffer an Fahrerinnen und Fahrern aus, die unter Alkohol- oder Suchtgiftbeeinträchtigung stehen und verweist einmal mehr auf die Gefahren, die etwa mit verminderter Reaktionsfähigkeit oder verzerrter Wahrnehmung einhergehen. “Das kann tödlich enden.”
Drogenlenker in Vorarlberg
21. Februar 2023: Bei einer Verkehrskontrolle im Oberland musste sechs Verkehrsteilnehmern wegen Suchtgiftbeeinträchtigung der Führerschein abgenommen werden.
19. Februar 2023: Bei der Autobahn-Ausfahrt Feldkirch-Süd/Frastanz kam es beinahe zu einem Zusammenstoß zwischen einer Polzeistreife und einem Geisterfahrer, der unter Drogeneinfluss gestanden hatte.
26. Jänner 2023: Die Vorarlberger Verkehrspolizei führte in den Bezirken Dornbirn und Bregenz eine Schwerpunktaktion im Berufsverkehr durch. Insgesamt kontrollierten die Beamten 250 Lenker. Dabei wurden 14 Berufskraftfahrer festgestellt, die unter dem Einfluss von Suchtgift standen.
13. Jänner 2023: Ein 21-jähriger Drogenlenker lieferte sich in Hard eine Verfolgungsjagd mit der Polizei. Er fuhr einen Polizisten an, streifte das Dienstfahrzeug der Beamten, missachtete mehrere rote Ampeln und beschädigte einen Fahrbahnteiler. Durch die abgesplitterten Betonteile wurde ein entgegenkommender Pkw beschädigt.
12. Dezember 2022: Ein betrunkener und durch Drogen benebelter Probeführerscheinbesitzer verursachte einen Unfall auf der Autobahn.
4. November 2022: Ein 34-jähriger Drogenlenker kam im Bereich einer Kreuzung in Dornbirn mit seinem Lieferwagen von der Fahrbahn ab und prallte gegen eine Hausmauer.
25. Oktober 2022: Zwölf Anzeigen wegen Suchtgiftbeeinträchtigung gab es bei einer Schwerpunktaktion der Polizei in den Bezirken Feldkirch und Bludenz.
7. August 2022: 21 Drogenlenker innerhalb drei Tagen zog die Polizei bei einer Aktion scharf in Lustenau aus dem Verkehr.
23. Juni 2022: Ein 23-jähriger führerscheinloser Pkw-Lenker flüchtete vor einer Zivilstreife und rammte drei Polizeiautos.
12. März 2022: Bei einer viertägigen Schwerpunktaktion zog die Polizei 22 suchtgiftbeeinträchtigte Lenker aus dem Verkehr. Bei 14 davon wurde ein Doppel- oder Dreifachkonsum festgestellt.
Was die Substanzen im Zusammenhang mit Suchtgift im Straßenverkehr betrifft, so hätten etwa zwei Drittel der Lenkerinnen und Lenker, die angezeigt wurden, Cannabis konsumiert, rund ein Drittel Kokain, einige Amphetamine. Oft handle es sich um einen Mischkonsum, berichtet Rüscher. Also sprich, einen Mix aus Kokain, Alkohol, Amphetaminen und Schlafmitteln. “In letzter Zeit standen mehr Lenker unter Kokain-Einfluss. Ein langfristiger Trend ist aber keiner zu erkennen.”
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Wenn aufgrund des Fahrverhaltens, einer Unfallsituation oder körperlicher Auffälligkeiten der Verdacht einer Beeinträchtigung besteht und eine Alkoholisierung ausgeschlossen wurde, kann die Polizei einen Drogentest vornehmen. Es gilt das Null-Toloranz-Prinzip.
Hohe Kooperationsbereitschaft
Bei den Drogentests im Straßenverkehr gibt es ein Stufenmodell. Dieses reicht vom Drogencheckformular über eine Speichelprobe, eine ärztliche Untersuchung bis hin zum Bluttest. Wer verweigert, macht sich strafbar. Es droht eine saftige Geldstrafe und ein längerer Führerscheinentzug. “Es gibt immer wieder Verweigerer. Aber grundsätzlich ist die Kooperationsbereitschaft sehr hoch”, erläutert Rüscher die Situation bei den Kontrollen.
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