Wer hört noch zu?

Vorarlberg / 14.03.2023 • 19:17 Uhr / 2 Minuten Lesezeit
Wer hört noch zu?

Also ein Papst, der den Zölibat infrage stellt, hätte früher die Schlagzeilen beherrscht. Man denke nur ans Kirchenvolksbegehren Mitte der 1990er-Jahre! Die Protagonisten hätten Schnappatmung erlitten. Aber heute? Da reicht die Aufmerksamkeitsspanne für ein paar Nachfragen beim heimischen Klerus, ob die verpflichtende Keuschheit für Priester eh überwiegend abgelehnt wird. Dabei darf der entrüstete Erzkonservative nicht fehlen, auch weil er meist für einen kernigen Sager gut ist. Dann ist es aber wieder genug, es gibt Wichtigeres.

Papst Franziskus sagt übrigens im jüngsten Interview recht schlaue Dinge: Dass die Ehelosigkeit in der Westkirche als Bestimmung auf Zeit ein natürliches Ablaufdatum trägt, dass er aber nicht mit massenhaftem Zulauf rechnet, wenn Priester mal heiraten dürfen. Er reicht Homosexuellen die Hand und sagt Sätze wie: „Jeder löst seine Beziehung zu Gott so, wie er kann oder wie er will.“ Auch wiederverheiratete Geschiedene lädt er ein, denn „wir können eine menschliche Situation nicht auf eine Vorschrift reduzieren.“

Lauter kluge Sätze. Man fände sie auch in seiner Enzyklika über die Sorge ums gemeinsame Haus (Laudato si, 2015): Klimawandel, Wasserfrage, Verteilungsgerechtigkeit – steht alles drin. Die Frage ist nur: Wer liest das? Wer hört noch zu? Er hätte ein wenig mehr Aufmerksamkeit verdient, der alte Mann in Rom, auch abseits des runden Jubiläums.

Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.