Bedenkliche Messungen auf dem Zweirad

Radlobby-Projekt zeigt: Überholabstände sind oft viel zu gering.
Dornbirn Jeder, der schon einmal auf dem Fahrrad gesessen ist, kennt das Gefühl: Auto- und Lkw-Fahrer, die viel zu knapp an einem vorbeifahren. „Wir wissen aus zahlreichen Studien, dass Menschen nur dort gerne Radfahren, wo sie sich sicher fühlen. Umgekehrt wird aufs Radfahren verzichtet, wenn man sich nicht sicher fühlt“, sagt Veronika Rüdisser, Vorstandmitglied der Radlobby Vorarlberg.










Der Verein setzt sich für mehr Sicherheit und Sichtbarkeit der Radfahrer ein. Um herauszufinden, ob die Überholabstände tatsächlich zu knapp sind oder ob es sich, wie vielfach argumentiert, nur um ein subjektives Gefühl handelt, wurde im Vorjahr ein Citizen Science-Projekt ins Leben gerufen. Seit über zwölf Monaten wird gemeinsam mit Bürgern mittels Sensoren gemessen. Nun liegen die ersten Auswertungen vor.
Gesetzlich verpflichtet
Was viele noch immer nicht wissen: Seit dem 1. Oktober 2022 muss in Österreich beim Überholen von Radfahrern ein Mindestabstand von 1,5 Metern (innerorts) bzw. zwei Metern (außerorts) eingehalten werden. Laut Martin Pfanner vom Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV) wurden 2021 in Vorarlberg 714 Unfälle von Radfahrern registriert, bei denen die Polizei vor Ort war. „Umfragen, die das KfV seit vielen Jahren in Krankenhäusern macht, zeigen allerdings, dass die Dunkelziffer sehr hoch ist. Auf einen von der Polizei aufgenommenen Unfall kommen drei, die nicht aufgenommen wurden“, berichtet der Landesleiter. An 39 Prozent der Gesamtunfälle ist demnach ein Radfahrer beteiligt. Zu den Hauptgründen zählt der fehlende Sicherheitsabstand beim Überholen.

„Wir haben bisher über 2600 Alltagswege dokumentiert. Die Ergebnisse bestätigen leider die subjektive Wahrnehmung vieler Radfahrer. Nur ein Drittel der Kfz-Lenker hält einen Mindestüberholabstand von 1,5 Metern ein“, berichtet Radlobby-Mitglied Elisabeth Kostal. Die Mechatronikerin beschäftigt sich mit der Entwicklung und Charakterisierung von Sensoren für Medizin und Umwelt. Ihr Kollege Julian Golderer ist Informatiker. Auf der Suche nach einer Möglichkeit, Überholabstände messbar und protokollierbar zu machen, sind sie beim OpenBikeSensor gelandet.
Große Unterschiede
In einzelnen Straßen wurden zum Teil deutliche Unterschiede festgestellt. Ein Überraschungskandidat im positiven Sinne war die Lustenauer Reichsstraße, ein Negativbeispiel die Lustenauer Zellgasse. In anderen Straßen, wie der Arlbergstraße in Bregenz oder der Haselstauderstraße in Dornbirn, variieren die Abstände von Abschnitt zu Abschnitt. Besonders viele knappe Abstände wurden im Sendergebiet gemessen.
“Ich denke, die Ergebnisse zeigen sehr deutlich, dass es einen dringenden Handlungsbedarf gibt”, hält Veronika Rüdisser fest. Die Radlobby fordert bewusstseinsbildende Kampagnen im ganzen Land sowie die Entschärfung der aufgezeigten Gefahrenstellen.
Nähere Infos zum Projekt und die Ergebnisse der Messungen unter:
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