Ein Schmetterling namens Lilijana

Vorarlberg / 22.03.2023 • 19:00 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
Melanie Isele mit ihrem Töchterchen: Lilijana ist trotz ihrer schweren Erkrankung, die mit Schmerzen einhergeht, ein fröhliches Kind.vn/paulitsch
Melanie Isele mit ihrem Töchterchen: Lilijana ist trotz ihrer schweren Erkrankung, die mit Schmerzen einhergeht, ein fröhliches Kind.vn/paulitsch

Das Kleinkind leidet an der Schmetterlingskrankheit. Eltern wollen Bewusstsein schaffen.

Bildstein Lilijana hat ein sonniges Gemüt. Wenn Papa Aleksander (34) seine Mätzchen mit ihr macht, strahlt das Mädchen beinahe in Endlosschleife. Solche Augenblicke nehmen auch den Eltern zumindest kurz die Sorgen. Gänzlich ausblenden geht nicht, denn Blasen und Wundschorf im Gesicht und an den winzigen Händen des Babys lassen das nicht zu. Lilijana leidet an der sogenannten Schmetterlingskrankheit. Mutter Melanie Isele (33) ist dankbar, dass es sich nicht um eine schwere Form der Epidermolysis bullosa, wie die nach wie vor unheilbare Erkrankung im Fachjargon heißt, handelt. Doch auch die mittelschwere Form belastet das Kind und fordert die Eltern. Nach neuneinhalb Monaten wissen diese, wie mit Lilijana umgehen.

Was Melanie und Aleksander zusetzt, sind die abwertenden Blicke, ist das angestarrt werden, wenn sie sich mit der Kleinen in der Öffentlichkeit zeigen. „Ein furchtbares Gefühl“, beschreibt die Mutter ihre Empfindungen. Um mehr Verständnis für Betroffene der Schmetterlingskrankheit zu schaffen, hat das junge Paar beschlossen, seine Geschichte zu erzählen. Das Wunschkind kam am 29. Mai 2022 im Landeskrankhaus Bregenz zur Welt. Es war eine schwierige Geburt. „Durch die Einleitung, die sein musste, weil es der Kleinen nicht gut ging, ging dann aber plötzlich alles sehr schnell“, schildert Melanie die dramatischen Stunden. Sogar ein Notkaiserschnitt stand im Raum. Schließlich kam es doch noch zu einer normalen Geburt. Der Säugling wies schon da zum Teil großflächige Hautverletzungen an Füßen und Fingern auf. Die Eltern bekamen ihr Kind erst später zu sehen. „Lilijana wurde mir nach der Erstversorgung kurz auf die Brust gelegt und dann sofort in die Neonatologie nach Feldkirch gebracht“, erzählt Melanie. Dankbar fügt sie an: „Die Ärzte handelten schnell.“ Eine vermutete bakterielle Infektion konnte sehr rasch ausgeschlossen werden. Blieb als Diagnose die Schmetterlingskrankheit. Der endgültige Befund wühlte Mutter und Vater auf. Den Schmerz über die Erkrankung von Lilijana konnte nur der Umstand mildern, dass bei ihr eine mittelschwere Form vorlag.

Wundmanagement

Schmetterlingskinder heißen so, weil ihre Haut empfindlich wie die Flügel eines Schmetterlings ist. Schon geringe Berührungsreize führen zu Blasenbildung. Melanie und Aleksander versuchen, Gefahrenquellen so gut wie möglich zu eliminieren. Sie tragen keine Kleidung mit Knöpfen und keinen Schmuck. Gleichzeitig versuchen sie, eine gute Balance zwischen Schutz und Entwicklung zu finden, denn Lilijana ist neugierig, möchte die Welt entdecken. In ihrem jungen Leben war Lilijana bereits dreimal im EB-Haus in Salzburg. Die weltweit erste Spezialklinik für Schmetterlingskinder wird von DEBRA Austria unterhalten. Die Selbsthilfegruppe, die sich ausschließlich über Spenden finanziert, wurde 1995 gegründet und engagiert sich sehr stark auch in der Forschung. „DEBRA ist uns eine große Hilfe“, sagt Melanie Isele. Zu Hause in Bildstein sind die Eltern als Wundmanager gefordert. Mehr als die immer wieder aufreißenden Hautläsionen zu versorgen oder Schmerzmittel zu verabreichen können sie für die Kleine jedoch nicht tun. Dabei muss jeder Handgriff mit Bedacht passieren.

Hoffen auf Therapie

Unterstützung und Entlastung erfahren sie durch die Großeltern. Ehemann Aleksander hat Väterkarenz genommen, und Melanie sucht jetzt einen Job. „Es war schon immer unser Plan, die Betreuung der Kleinen auf mehrere Schultern aufzuteilen. Durch ihre Krankheit ist das noch wichtiger“, sagt die Marketingmanagerin. Ab und an bricht Verzweiflung bei der jungen Familie aus. Die Zukunft, die sich das Paar ausmalte: brüchig geworden wie ein Kartenhaus. Für Lilijana eine Prognose abzugeben ist schwierig. „Wir hoffen, dass sie irgendwann einmal glücklich und selbstständig leben kann und sehnen uns nach einer wirksamen Therapie.“ An Letzteres zu glauben vermögen Melanie und Aleksander allerdings noch nicht so recht. Trost verschafft, dass sich ihr Sonnenschein gut entwickelt.

„In der Öffentlichkeit so abwertend angestarrt zu werden, ist ein furchtbares Gefühl.“

Stichwort Epidermolysis bullosa (EB)

ist eine angeborene, folgenschwere und derzeit noch nicht heilbare Hauterkrankung. In Österreich leben rund 500, in Europa etwa 30.000 Menschen mit Epidermolysis bullosa (EB). Bei Schmetterlingskindern ist eine Genveränderung Ursache für die extrem verletzliche Haut. Aktuell sind 16 Gene und Hunderte Mutationen erforscht, die EB auslösen können. Eine enorme Herausforderung für die EB-Forschung und die Entwicklung neuer Therapien und Medikamente. Schon geringste mechanische Belastungen führen zur Blasenbildung. Wunden treten auch an Schleimhäuten, in Mund, Augen, Speiseröhre und im Magen-Darm-Trakt auf. Bei EB handelt es sich um eine Multisystemerkrankung, das heißt, je nach Schweregrad der Erkrankung können neben der Haut viele andere Organe betroffen sein. Bei schweren Formen von EB ist die Lebenserwartung verkürzt. Bei EB handelt es sich um eine so genannte Multisystemerkrankung. Symptome und Begleiterscheinungen sind etwa Juckreiz, Verwachsungen der Finger und Zehen, verstärkter Karies mit Zahnverlust sowie Ernährungs- und Verdauungsprobleme durch Blasen an den Schleimhäuten.

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