Selbstmord oder Mord
Warum eigentlich will die SPÖ auf Teufel komm raus auf offener Bühne Selbstmord begehen? Auf der einen Seite eine kluge, aufrechte Wissenschaftlerin, die leider null Talent dafür besitzt, ihre Rolle als Politikerin zu spielen – und die in ihren öffentlichen Auftritten deshalb nur noch als Besserwisserin erscheint, die vor allem schlechte Laune vermittelt. Und auf der anderen Seite: ein rechtspopulistischer Heckenschütze, der zwar politisches Talent besitzt, aber eindeutig in der falschen Partei ist – und diese gerade in der Mitte zerreißt.
Bislang traut sich noch kein Dritter, keine Dritte aus der Deckung. Einmal abgesehen von dem sich selbst als „Notlösung“ ins Spiel bringenden „Rebellen“ Nikolaus Kowall. Dessen „Kandidatur“ wohl nur als verzweifelter Weckruf verstanden werden kann.
Während ich dies schreibe, tagen die Parteigranden – und vielleicht hat doch noch jemand von ihnen mehr als nur die Neigung zum Suizid im Gepäck?
Dieser Selbstmord auf Raten findet zu einem Zeitpunkt statt, an dem es eigentlich für die SPÖ etwas anderes zu tun gäbe.
Österreich hat einen Bundeskanzler, dessen Realitätsverweigerung inzwischen pathologische Züge angenommen hat. Während das Land bald mit Wasserknappheit aufgrund der Klimakatastrophe zu kämpfen hat, verspricht er in seinem „Zukunftsprogramm“ mit pathetischer Geste (auf Englisch bedeutet das Wort pathetisch übrigens: „lächerlich“), Maßnahmen wie die Abschaffung der Gebühren für Meisterprüfungen.
Und während sich manche noch Gedanken darüber machen, wie man umweltschonenderen Verkehr organisieren kann, preist er das Autoland Österreich und rät dazu, den Energiebedarf für Verbrenner in Zukunft durch Biosprit zu decken, also durch riesige, Bodenqualität zerstörende Monokulturen von Raps und anderem Unsinn. Während Menschen anderswo das Getreide zum Essen ausgeht.
Dieser Selbstmord auf Raten findet zu einem Zeitpunkt statt, an dem es eigentlich für die SPÖ etwas anderes zu tun gäbe.
Der Türsteher der Nation ist zur Gefahr für uns alle geworden. Und um dafür die geeignete Begleitmusik zu haben, koaliert die „Volkspartei“ nun mit deklarierten Nazis, die davon träumen, auch noch die „siebte Million“ (toter Juden) zu „schaffen“. Insofern war die Leihstimmenkampagne der ÖVP für die niederösterreichischen Faschisten ein voller Erfolg. Denn an der Brust einer starken FPÖ dürfen die türkisen Schwurbler weiter an der Macht bleiben, oder genauer, an dem, was sie dafür halten.
Die Frage, die bleibt, ist nur, ob es gegen den Selbstmord der SPÖ oder gegen den Mord der ÖVP an der Demokratie noch irgendeinen Aufstand geben wird oder nicht.
Hanno Loewy ist Direktor des Jüdischen Museums in Hohenems.
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