Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Grenzen der Demokratie

Vorarlberg / 23.03.2023 • 19:19 Uhr / 3 Minuten Lesezeit

Eine Volksabstimmung in Lustenau, ob die Bevölkerung einer Ostumfahrung der Gemeinde (sogenannte CP-Variante) zustimmt, wäre nicht nur im Hinblick auf das Ergebnis spannend. Wir hätten nicht nur einen der bisher raren Fälle vor uns, in denen direkte Demokratie vom Gemeindeparlament initiiert wird, sondern auch einen, der die Grenzen dieses Instruments veranschaulicht.

Es beginnt damit, dass es nicht in die Kompetenz der Lustenauer:innen fällt, darüber zu entscheiden, wo der Bund eine Schnellstraße baut. Das ist vielmehr, wie in den letzten Monaten mehrfach diskutiert wurde, zum einen der Bundesgesetzgeber, der die groben Festlegungen trifft (derzeit: „Knoten Dornbirn – Staatsgrenze bei Höchst“). Die konkrete Trasse wird grundsätzlich von der ASFINAG bestimmt, die sich nach langem Hin und Her für die CP-Variante entschieden hat. Die ASFINAG wurde jedoch bekanntlich von Verkehrsministerin Gewessler überstimmt, die eine gänzlich neue Variante durchsetzen will. Die Ministerin wird sich bestätigt fühlen, wenn die Lustenauer:innen die CP-Variante ablehnen. Wenn die Entscheidung anders ausfällt, wird es ihr eher gleichgültig sein.

Damit stellt sich die Frage, was mit der Volksabstimmung bewirkt werden kann. Letztlich kann es sich nur um den Auftrag an den Bürgermeister handeln, sich beim Bund, also bei Ministerin Gewessler und bei der ASFINAG, dafür einzusetzen, die CP-Variante weiterzuverfolgen oder eben nicht. Sollte das Genehmigungsverfahren für die CP-Variante gestartet werden (das könnte der Fall sein, wenn das Verkehrsressort nicht mehr von Gewessler geleitet wird), wird sich der Bürgermeister namens der Gemeinde je nach Ausgang der Abstimmung dafür oder dagegen aussprechen müssen und allenfalls die Genehmigung beim Bundesverwaltungsgericht bekämpfen können.

Die Entscheidung des Volkes ist insoweit bindend, als sie der Bürgermeister auszuführen hat – aber nur, solange die Gemeindevertretung als das oberste Organ der Gemeinde nicht anders entscheidet. Eine Volksabstimmung steht nämlich nicht über einem Beschluss des von den Stimmberechtigten gewählten Gemeindeparlaments. Letzteres könnte daher auch eine andere Variante bevorzugen. Ob dies politisch klug wäre, steht auf einem anderen Blatt.

„Die Ministerin wird sich bestätigt fühlen, wenn die Lustenauer:innen die CP-Variante ablehnen.“

Peter Bussjäger

peter.bussjaeger@vn.at

Peter Bußjäger ist Direktor des ­Instituts für Föderalismus und ­Universitätsprofessor in Innsbruck.

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