Macht der Gewohnheit

Vorarlberg / 28.03.2023 • 19:47 Uhr / 2 Minuten Lesezeit

Man könnte seine Uhr nach dem Paketwagen stellen, so regelmäßig, wie er da um die Ecke biegt und aus den großen Versandhäusern dieser Welt alles bringt, was das Menschenherz begehrt. Jedenfalls für den köstlichen Augenblick einer Webrecherche, vielleicht in der Mittagspause im Büro oder abends auf der Couch, wer weiß?

Die Stiefeletten sahen doch zu verlockend aus, von professionellen Fotografen und Models verführerisch in Szene gesetzt. Und überhaupt: Was tut’s? Warum nicht bestellen, ein paar Stunden besitzen und dann wieder zurückschicken. Einfach so. Weil man’s kann. Und weil es nichts kostet.

Tatsächlich ist das Zurückschicken georderter Ware vielerorts für die Kundschaft gratis. Das Hin- und Herschicken von Millionen Konsumartikeln kostet natürlich eine Menge, aber das hat die kecken Finger, die sich eifrig durch die Online-Kataloge klicken, nicht zu bekümmern. Längst ist eine riesenhafte Marketingindustrie angetreten, um grünbemäntelte Märchen zu erfinden, die allfällig besorgte Gemüter noch im ersten zaghaften Erwachen wieder einlullen: Alles wird gut, alles ist sauber, fast 100 Prozent der retournierten Ware kommt gleich wieder in den Handel.

Jetzt haben deutsche Journalistinnen herausgefunden, dass das gar nicht stimmen kann. Sie statteten Kleidungsstücke für den Retourweg mit Peilsendern aus und entlarvten eine große, allumfassende Unwahrheit, die mannigfach Schlagzeilen machte. Alles Lüge. Aber schon wieder biegt der Paketwagen um die Ecke, man könnte die Uhr nach ihm stellen.

Thomas Matt

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