Mit Pergolesi vom Dunkel ins Licht

Seine populäre Marienklage „Stabat mater“ berührte erneut bei einem Passionskonzert.
BLUDESCH Keine Fastenzeit in Vorarlberg ohne „Stabat mater“, die unglaublich beliebte Marienklage des Italieners Giovanni Battista Pergolesi, von der gläubige Zuhörer ideal auf das Geschehen der Karwoche eingestimmt werden. Immer wieder, etwa in Lustenau oder Herz-Jesu, wurde dieses Werk aufgeführt, zuletzt vergangenen Sonntag in einer voll besetzten Kirche St. Jakob zum Saisonstart in Bludesch, mit der dortigen prächtigen alten Silbermann-Bergöntzle-Orgel im Mittelpunkt und nicht weniger Erfolg als zuvor.

Pergolesi hat dieses Werk 1736, wenige Wochen vor seinem Tod, nach 13 Textteilen aus einer Sequenz des Franziskanermönchs Jacopone da Todi aus dem 13. Jahrhundert vertont, in einer Zeit der Minnekunst auf schwärmerische Art, zart, innig und leidenschaftlich. Diese berühmteste aller „Stabat mater“-Vertonungen, auf Deutsch mit „Christi Mutter stand mit Schmerzen“ nur unzulänglich übersetzt, ist die Klage der Gottesmutter, die ihren toten Sohn im Schoß hält und damit zur geläufigen Figur der Pietà wird. Kurator Bruno Oberhammer: „Da es sich dabei um die Schmerzen einer Frau handelt, ist es nur folgerichtig, dass Pergolesi die beiden Gesangspartien auch zwei Frauenstimmen zugeschrieben hat, Sopran und Alt. Sie bringen die Intimität des Ausdrucks, die Schattierungen der menschlichen Innerlichkeit in subtilster Art zum Ausdruck. Darin liegt das Geheimnis der noch immer ungebrochenen Wirkung dieser Komposition.“

Freilich auch in der Tatsache, dass in diesem halbstündigen Werk die Trauer nicht das allein vorherrschende Element bleibt. Pergolesi hat in seine Vertonung ganz ungeniert auch weltlich heitere, manchmal durchaus opernhafte Züge eingebaut und damit den Weg vom Dunkel der Trauer zum Licht der Hoffnung auf eine Auferstehung aufgezeigt. So könnte dieses „Stabat mater“ stellenweise gut und gern statt einer Trauerkantate auch eine kleine Barockoper sein. Die beiden Gesangssolistinnen nehmen dieses Zwielichtige gerne und mit Bedacht auf. Die Bludenzerin Julia Großsteiner trumpft mit ihrem leuchtenden Sopran immer wieder mit großen temperamentvollen Ausbrüchen auf, versteht sich aber auch auf die leisen Töne. Wunderbar abgedunkelte, verhaltene Mezzotöne kommen von der Großwalsertalerin Victoria Türtscher, die mit ihrer Pianokultur der Aufführung eine edle Note verleiht. Besonders im leidenschaftlichen Duett „Fac ut arde“ kommt im dramatischen Ausdruck der beiden imitatorisch einander umschlingenden Stimmen der opernhafte Seitensprung des Komponisten zur Geltung.
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Geistiges Zentrum als Gestalter und Organist dieses Konzerts ist der seit 20 Jahren an der Kirche St. Kolumban in Rorschach als Regens chori tätige Franz Pfab, der dazu seine auch mit Vorarlberger Instrumentalisten besetzten „I Solisti Columbani“ in der Besetzung eines Streichquartetts mitgebracht hat. Musiziert wird auch ohne Dirigenten differenziert, dynamisch und historisch informiert im Geiste der Entstehungszeit. Zwei choralgebundene Orgelstücke von J. L. Krebs und sein selbstbewusstes Continuo bei Pergolesi beweisen Geschmack und wie gut Pfab mit den technischen Tücken des historischen Instruments zurande kommt. Eine Sopranarie „Salve regina“ von G. F. Händel und eine Altarie „Schlage doch, gewünschte Stunde“ von G. M. Hofmann führen als eine Art Wegbereiter thematisch zwangsläufig zum Hauptwerk des Abends. Das Publikum dankt stehend und mit Jubel.
FRITZ JURMANN
Nächstes Konzert: 4. Juni, 17.00 Uhr, Kirche St. Nokolaus Bludesch – Angela Mair, Gitarre, Laid Pineda, Flöte
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