Überfüllte Züge zehren an den Nerven

Vorarlberg / 07.04.2023 • 18:25 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Die ÖBB planen für den Zugverkehr über den Arlberg keine engere ­Taktung. ÖBB

Die ÖBB planen für den Zugverkehr über den Arlberg keine engere ­Taktung. ÖBB

Levin Kitzke (19) erlebt Woche für Woche, wie die Bahn mit Kapazitäten am Limit ist.

Hard Seit vier Monaten muss Levin Kitzke wöchentlich von Hard nach Salzburg. „Die Regel in den Zügen ist Chaos“, schildert der 19-Jährige. Es sei jedes Mal wieder eine Tortur. Dabei war für ihn klar, dass kein Weg an der Bahn vorbeiführen würde. Heute ist diese Überzeugung einer gewissen Ernüchterung gewichen. Züge sind hoffnungslos überfüllt, Verspätungen an der Tagesordnung. „Mit komfortablem Reisen hat das nun wirklich nichts zu tun.“

Stehen im Gang

Es sind keine Vergnügungsfahrten, die Kitzke nach Salzburg führen. Er muss beruflich dorthin. Die Erwartungshaltung war dennoch eine andere. Vom Prospekt-Image der komfortablen Zugreise sei die Realität meilenweit entfernt. „Es ist Woche für Woche das gleiche Bild“, so der Harder. Wenn es überhaupt gelinge, einen Sitzplatz zu reservieren, sei der schon besetzt. „Und ohne Reservierung heißt es meist: in den Gängen stehen“. Ein Fahrschein alleine helfe da gar nichts.

Levin Kitzke nutzt den Railjet an Wochenenden. Die Züge sind demnach regelmäßig zum Bersten voll. Zuletzt sei er an Bahnhöfen gar nicht mehr weitergefahren, weil „wegen Überfüllung die Sicherheit nicht mehr gewährleistet war“, beschreibt der genervte Bahnkunde. Unter Androhung von Polizei hätten „Freiwillige mit gültigem Fahrticket“ aussteigen müssen. „Am Ende bin ich statt nach sechs Stunden erst nach acht Stunden in Salzburg angekommen.“

Die Frustration unter Bahnkunden steigt. Auf VN-Anfrage verweist die Bahn auf ein „offenes System in den Zügen“. Reisende könnten aussuchen, welchen Zug sie mit ihrem Fahrschein nutzen. Das System biete höchste Flexibilität bei den Reisen. „Man kann wahlweise an einem relativ verkehrsarmen Vormittag ebenso unterwegs sein wie an einem stark frequentierten Reisetag“, so die Bahn.

Levin Kitzke hat diese Wahl nicht. Er ist terminlich gebunden. Es würden Menschenmengen in die Züge gelassen, bis sie regelmäßig überfüllt seien, ärgert sich der 19-Jährige.

Die ÖBB räumen ein, dass reine Ticketverkäufe wegen des „offenen Systems“ bei der Planung von Verstärkungen nicht wesentlich helfen würden. Man setze auf die langjährige Erfahrung und empfehle Reservierungen. „Letztlich lässt sich aber nicht mit hundertprozentiger Sicherheit vorhersehen, wie viele Reisende in welchen Zug einsteigen werden“, so die Bahn weiter.

Keine engere Taktung

Züge im Fernverkehr Richtung Ostösterreich dürften in Hauptzeiten noch länger an den Kapazitätsgrenzen und darüber fahren. „Was den Zugverkehr über den Arlberg betrifft, ist aktuell keine engere Taktung geplant“, stellen die ÖBB klar.

Für Levin Kitzke muss sich das Angebot allerdings ändern. „Die Bahn muss attraktiver als das Auto sein“, so der 19-Jährige. So wie er die Zugfahrten in den letzten Monaten erlebt habe, sei dies aber nicht der Fall. „Für mich ist der Punkt erreicht, bei dem ich mir wirklich überlegen muss, ob ich nicht wieder auf mein Auto umsteigen soll“, so der junge Harder.

„Ich muss mir überlegen, ob ich nicht wieder auf mein Auto umsteige.“

Levin Kitzke: Die Überzeugung, mit der Bahn zu fahren, ist einer gewissen Ernüchterung gewichen. VN/Gasser
Levin Kitzke: Die Überzeugung, mit der Bahn zu fahren, ist einer gewissen Ernüchterung gewichen. VN/Gasser

Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.