Trotz hoher Quote Aufholbedarf bei Kinderbetreuung im Land

Expertin fordert jedoch längere Öffnungszeiten und Kostenfreiheit.
SCHWARZACH „Ja, es ist einiges passiert“, sagt die Geschäftsführerin der Frauenberatungsstelle „Femail“, Lea Putz-Erath, zu den jüngsten Zahlen: Laut Statistik Austria befinden sich in Vorarlberg überdurchschnittlich viele Buben und Mädchen in einer außerfamiliären Betreuungseinrichtung wie einem Kindergarten. Bei unter 3-Jährigen handelt es sich bei steigender Tendenz bereits um 30,9 Prozent und bei 3- bis 5-Jährigen um 96 Prozent. Bundesweit sind es jeweils um rund zwei Prozentpunkte weniger.
Ob das genug ist, ist eine Frage des Standpunktes. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat in seiner Rede zur Zukunft der Nation gemeint, dass die Quote ab dem ersten Lebensjahr erhöht werden solle. Genaueres sagte er nicht dazu. Der Rat der EU, also die Fachminister aller Mitgliedstaaten, hat die sogenannten „Barcelona-Ziele“ aus dem Jahr 2002 vor wenigen Monaten nach oben geschraubt. Die gute Nachricht: Bei den 3- bis 5-Jährigen hat sie Vorarlberg mit den 96 Prozent bereits genau erreicht. Bei den Jüngeren ist man aber noch weit entfernt von den 45 Prozent, die es bis 2030 grundsätzlich europaweit werden sollten.
Geschlechtergerechtigkeit
Die Argumente dafür sind zahlreich. Zum Beispiel: Der Nachwuchs selbst kommt in einem Kindergarten viel eher in Kontakt mit Gleichaltrigen als zu Hause. Das dient seiner Entwicklung. Zweitens: Es können eher beide Elternteile erwerbstätig sein. Das hilft, den wachsenden Arbeitskräftemangel zu lindern und ist darüber hinaus ein wichtiger Beitrag zu „Geschlechtergerechtigkeit“, wie Putz-Erath betont. Wenn Frauen die Möglichkeit haben, mehr Geld zu verdienen, reduziert das nicht nur die Einkommensschere, sondern auch ihre Abhängigkeit vom Partner.
Allerdings: „Aus Studien ist bekannt, dass die bessere Verfügbarkeit von Kinderbetreuung allein nicht automatisch die Erwerbsbeteiligung beider Elternteile verändert“, so Putz-Erath. Entscheidend sei, dass sie ganzjährig ganztägig vorhanden ist und je nach Notwendigkeit in Anspruch genommen werden kann; diesbezüglich habe Vorarlberg „definitiv noch Aufholbedarf“. Oder die Kostenfrage: „Aus gleichstellungspolitischer Sicht würde ich eine Kostenfreiheit unterstützen“, redet die Expertin Gratisangeboten das Wort. Wichtig wäre es aus ihrer Sicht auch, Bedarfserhebungen für Kinderbetreuungsplätze abzuschaffen und dazu überzugehen, möglichst viele anzubieten.
Wesentlich sei zudem die Qualität. Putz-Erath verweist hier auf die Studie „Frühe Bildung in Vorarlberg“, die die Sozialwissenschaftlerin Eva Häfele für die Arbeiterkammer erstellt hat. Die Bandbreite reicht von den Ansprüchen an die Pädagoginnen bis zur Gruppengröße. JOH
„Aus gleichstellungspolitischer Sicht würde ich eine Kostenfreiheit unterstützen.“
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