Schuldsuche für teure Säumigkeit

Falls das Energieeffizienzgesetz nicht bald steht, drohen saftige Strafzahlungen.
WIEN Drei Jahre. So lange verzögert sich bereits die Umsetzung des Energieeffizienzgesetzes. Zuletzt scheiterte es an der notwendigen Zweidrittelmehrheit. „Österreich ist gut beraten, noch vor der Sitzung der EU-Kommission im April, bei der über die Einleitung eines Verfahrens nach Art. 260 Abs 3 AEUV entschieden wird, die Richtlinie umzusetzen“, sagt Europarechtsexperte Walter Obwexer den VN mit Verweis auf den Vertrag über die Arbeitsweise der EU. Denn ansonsten drohen saftige Strafzahlungen. Die nächste Sitzung des zuständigen Kollegiums ist mit 18./19. April anberaumt.
Die EU-Richtlinie, die dem Gesetz zugrunde liegt, wurde bereits 2018 beschlossen, die Umsetzung auf nationaler Ebene wäre bis 2020 fällig gewesen. Konkret geht es nun um sieben Millionen Euro, die Österreich aufgrund seiner Säumigkeit verlieren könnte, schreibt der Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt. Die Strafe wird nach Beantragung durch das Kollegium der EU-Kommission vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) verhängt.
Das sei kein ungewöhnlich hoher Betrag, erklärt Obwexer und schildert das Verfahren im Detail: Der Pauschalbetrag ergebe sich aus einem Grundbetrag von 1000 Euro, der mit einem sogenannten Schwerekoeffizienten (der auf einer Skala von eins bis 20 liegt), der Zahlungsfähigkeit des Mitgliedstaates (für Österreich 0,68) und der Dauer des Verstoßes multipliziert werde.
Derartige Pauschalbeträge werden nur dann von der Kommission vorgeschlagen und vom Gerichtshof verhängt, so Obwexer, wenn ein Mitgliedstaat der Kommission keine Umsetzungsmaßnahmen zu einer Richtlinie mitteilt. Generell ist so eine mehrere Jahre dauernde Nichtumsetzung einer Richtlinie zwar nicht ungewöhnlich und komme vereinzelt vor, aber ist dennoch recht selten der Fall, so der Europarechtsexperte, der an der Universität Innsbruck lehrt. Auch hierzulande wäre das eine Ausnahme, sagt er: „Nach meinen Informationen hat Österreich bislang noch keine derartigen Strafzahlungen leisten müssen.“
Keine Zweidrittelmehrheit
Die Republik Österreich hat der EU-Kommission zwar schon eine Regierungsvorlage inklusive Zeitplan für den weiteren Gesetzgebungsprozess übermittelt. Dieser sah aber eine Beschlussfassung im zuständigen Wirtschaftsausschuss im Zeitraum von 14. bis 23. Februar vor. Die Beschlussfassung im Plenum des Nationalrats wäre dann am 1. oder 2. März vorgesehen gewesen und das Gesetz damit mit März in Kraft getreten. Die Gesetzesvorlage der Regierung wurde auch am 1. Februar im Ministerrat beschlossen.
Doch damit der Vorschlag den Nationalrat passiert, ist nun eine Zweidrittelmehrheit notwendig. Die Regierungsparteien ÖVP und Grüne brauchen die Zustimmung einer der Oppositionsparteien SPÖ oder FPÖ. Der grüne Klimaschutz-Sprecher Lukas Hammer wittert „parteitaktische Spielchen“ der SPÖ. „Was bis heute fehlt ist einzig die Zustimmung der SPÖ für die notwendige Zweidrittelmehrheit“, sagt er.
Auch der ÖVP-Parlamentsklub verweist auf die SPÖ: „Wir sind noch in Verhandlungen, es hängt aktuell an der Einigung mit der SPÖ.“ Doch auch regierungsintern dürfte es zu groben Verzögerungen gekommen sein. Das legen Informationen des Klimaministeriums und der grünen Klimaministerin Leonore Gewessler nahe. Der erste Entwurf für ein neues Energieeffizienzgesetz sei demnach bereits im Jänner 2021 an die ÖVP übermittelt worden. Bis zur Einigung im Ministerrat im heurigen Februar seien insgesamt zwölf verschiedene Versionen vorgelegt worden.
„Die SPÖ ist jederzeit zu Verhandlungen bereit, um dieses umweltpolitisch wichtige Gesetz zu beschließen. Umweltministerin Gewessler schafft es bedauerlicherweise nicht einmal, mit ihrem Koalitionspartner zu einer Einigung zu kommen“, sagte hingegen SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll und schiebt den nicht eingehaltenen Zeitplan auf ÖVP und Grüne.
Einigung im April notwendig
Der nächste reguläre Wirtschaftsausschuss findet am 10. Mai statt. „Wir hoffen, dass es vorher zu einer Einigung mit der SPÖ kommt und das Gesetz früher beschlossen werden kann“, heißt es vonseiten der ÖVP. Denn der 10. Mai könnte bereits zu spät sein, um die Strafzahlung zu verhindern. VN-JUS
„Österreich ist gut beraten, noch vor der Sitzung im April, die EU-Richtlinie umzusetzen.“

Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.