Korruption und Vertrauen
Manchmal geht es schnell: Als bei der renommierten Credit Suisse zu einer Reihe von ökonomischen Fehlentscheidungen immer neue Skandale über ethisch fragwürdiges Verhalten der Bank bekannt wurden, zogen viele Kunden ihre Gelder ab, was innerhalb kürzester Zeit den Zusammenbruch des Instituts zur Folge gehabt hätte. Dieser konnte nur dadurch verhindert werden, dass die Schweiz über internationalen Druck für die Übernahme der Credit Suisse durch ihre Konkurrentin UBS sorgte.
Vertrauen ist das wichtigste Kapital der Banken und wird durch eine fatale Mischung von Gerüchten über tatsächliche oder vielleicht auch nur vermeintliche Fehlentscheidungen untergraben.
Eine Umfrage, die vor wenigen Tagen in der Tageszeitung „Der Standard“ erschien, bescheinigt Österreich in Bezug auf die Einstellung der Bevölkerung zur Korruption im Land miserable Werte. Die Mehrheit der Befragten hält die Parteien in der Reihenfolge ÖVP, FPÖ und SPÖ für „sehr“ oder für „nur“ korrupt.
Deutlich besser kommt bei den Befragten das eigene Bundesland (obwohl dort in der Regel dieselben Parteien führend sind) und noch besser die eigene Gemeinde an. Letztere genießt das Vertrauen einer klaren Mehrheit der Bevölkerung, hingegen betrachtet eine ebenso klare Mehrheit (57%) „die Baubehörden“ als insgesamt korrupt. Das ist eigentlich ein Widerspruch, denn in aller Regel ist gerade die Gemeinde, die in so gutem Ansehen steht, auch Baubehörde.
Dieses Ergebnis veranschaulicht, dass das Vertrauen in den Staat, wo er den Menschen am nächsten ist, noch einigermaßen aufrecht ist. Je anonymer die Institutionen („die Parteien“, „die Verwaltung“ oder eben „die Baubehörden“), umso größer sind die Zweifel an der Lauterkeit ihres Handelns.
Der Staat ist wie die Banken auf Vertrauen angewiesen. Ein als korrupt empfundenes Gemeinwesen hat im Standortwettbewerb schwere Nachteile. Zwar können ihm die Steuerzahler nicht so leicht davonlaufen wie einer Bank die Kunden, aber gerade junge und gut qualifizierte Menschen suchen sich relativ leicht eine neue Heimat. Und wer soll ausgerechnet staatliche Regelungen und Empfehlungen in der Energie- und Klimakrise befolgen, wenn er kein Vertrauen mehr hat?
„Ein als korrupt empfundenes Gemeinwesen hat im Standortwettbewerb schwere Nachteile.“
Peter Bussjäger
peter.bussjaeger@vn.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus und Universitätsprofessor in Innsbruck.
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