Legalisierung nimmt Gestalt an

Deutschland präsentierte Pläne in Sachen Cannabis. In Österreich ist keine Änderung absehbar.
SCHWARZACH, WIEN In Deutschland rückt die Cannabis-Legalisierung näher. Künftig sollen im Nachbarland der Besitz von bis zu 25 Gramm und der Eigenanbau von maximal drei Pflanzen straffrei sein. Anbau und Abgabe sind den Plänen der Ampel-Koalition in Berlin zufolge in speziellen Vereinen möglich. In Österreich ist aktuell keine Änderung des Status quo in Sicht.
Nicht so weitreichend
Die deutschen Pläne sind weniger weitreichend als ursprünglich gedacht. Cannabis-Fachgeschäfte kommen vorerst noch nicht. Das soll erst später in einigen Modellregionen mit wissenschaftlicher Begleitung der Fall sein. Darauf habe sich die Regierung nach Gesprächen mit der Europäischen Kommission geeinigt, hieß es aus Berlin. Im April soll ein erster konkreter Gesetzesentwurf zur Regelung von Besitz, Eigenanbau und Vereinen vorgelegt werden.
Einen anderen Weg als Deutschland geht die Schweiz. Dort ist Cannabis seit Jahresbeginn etwa in bestimmten Apotheken in Basel für Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Studie erhältlich, die VN berichteten. Ähnliche Pläne existieren zum Beispiel auch in Zürich. In Österreich gibt es keine Legalisierungsbestrebungen und auch keine Pilotprojekte. Hierzulande ist der Besitz von Cannabis, das den Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) enthält, illegal. Es drohen Freiheitsstrafen bis zu sechs Monaten oder Geldstrafen von bis zu 360 Tagessätzen. Vor Kurzem wurde auch das bisher als „Legal High“ bezeichnete Hexahydrocannabinol (HHC) aus dem Handel gezogen.
Das Gesundheitsministerium von Johannes Rauch (Grüne) verweist auf VN-Anfrage auf eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom Juli 2022, wonach das Verbot von Cannabis in Österreich im Einklang mit der Bundesverfassung steht. Eine Legalisierung sei zudem nicht Teil des Regierungsprogramms; es gebe keine parlamentarische Mehrheit dafür. Berlin gehe nun einen anderen Weg. „Auch wir werden die Erfahrungen aus Deutschland genau beobachten“, hieß es aus dem Ressort. Entscheidend sei, dass Jugendliche nach dem Konsum nicht kriminalisiert würden und ein niederschwelliger Zugang zu therapeutschen Angeboten bestehe.
Die Legalisierungstendenzen in den Nachbarstaaten beschäftigen auch die Landespolitik. Im Februar hatte im Landtag eine Mehrheit dafür gestimmt, dass sich die Landesregierung beim Bund einsetzen solle: Sobald die neue gesetzliche Regelung in Deutschland und Schweizer Studienergebnisse vorlägen, müssten nötige Anpassungen in Österreich geprüft werden.
Bernhard Amann, Obmann der Drogenberatungsstelle Ex und Hopp in Dornbirn, fordert schon seit vielen Jahren eine Legalisierung von Cannabis. Grundsätzlich seien deshalb auch die Pläne in Deutschland zu befürworten, sagt er zu den VN. „Es ist ein richtiger Schritt. Doch was mich verwundert, ist, dass doch einiges zurückgenommen wurde. Ich schätze, dass es Ängste gibt, dass die Legalisierung von EU-Seite gekippt werden könnte.“ Andere europäische Länder seien schon vor Jahren vorgeprescht, etwa Tschechien.
Ärger über Stillstand
Amann ärgert sich über den Stillstand hierzulande. Ihm zufolge braucht es dringend eine Entkriminalisierung. Es liege am Bund, zu handeln und das Gesetz entsprechend zu ändern. Auch die Schweiz habe einen weitaus pragmatischeren Zugang als Österreich gewählt. „Soll man sich an die Grenze stellen und jeden und jede filzen? Es ist wichtig, dass endlich einmal ein Paradigmenwechsel erfolgt“, fordert der Obmann des Vereins „Legalize! Österreich“. Besonders bezeichnend ist Amann zufolge auch die Debatte rund um THC-Grenzwerte im Verkehr. Im Vorjahr hatte sich der Drogenbeirat des Landes einen Grenzwert für Autofahrerinnen und Autofahrer gewünscht, so wie es diesen auch für Alkohol gibt. In vielen europäischen Ländern wird das schon so gehandhabt. Cannabis ist nämlich länger im Blut nachweisbar als die beeinträchtigende Wirkung anhält. Damit stieß der Drogenbeirat auf Bundesebene allerdings bislang auf taube Ohren. VN-RAM
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