Johannes Huber

Kommentar

Johannes Huber

Rote Revolte

Vorarlberg / 14.04.2023 • 18:59 Uhr / 4 Minuten Lesezeit

In der SPÖ bleibt nichts, wie es ist. Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil hatte geglaubt, es über eine Mitgliederbefragung an die Spitze der Bundesparteiorganisation bringen zu können. Pamela Rendi-Wagner, die Vorsitzende, konnte eine solche nicht verhindern. Mit Hilfe ihrer wichtigsten Stützen, Wiens Bürgermeister Michael Ludwig und die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures, bemühte sie sich jedoch, die Befragung zu entwerten. Devise: Doskozil muss verhindert werden, koste es, was es wolle. Ergebnis: Mittlerweile sind alle schwer beschädigt, herrscht nur noch verbrannte Erde vor.

„Bablers Absage an eine Hinterzimmer-Politik ist auch gegen einen Mann wie Ludwig und eine Frau wie Bures gerichtet.“

Schlimmer für sie: Wachsende Teile der Basis sind dabei, das Heft in die Hand zu nehmen. Sie sind nicht nur erleichtert darüber, dass sich mit dem Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler eine Alternative für den SPÖ-Vorsitz anbietet, sie sind begeistert über diesen.

Der 50-Jährige erfüllt vieles, wonach sie sich schon lange sehnen: Er verkörpert ein Kontrastprogramm zu dem, was die Partei kaputt gemacht hat. Er sagt, was er sich denkt, und tut auf kommunaler Ebene, wovon er überzeugt ist. Er wirkt leidenschaftlich und daher authentisch. Er ist ein selbstbewusster Linker, der im Grunde genommen verspricht, dass es bald allen gut gehen wird bzw. „nur“ Millionäre und internationale Konzerne zur Kasse gebeten werden.
Er traut sich, eine andere Migrations- und Integrationspolitik als eine türkis-blaue zu propagieren. Das heißt was: ÖVP und FPÖ sind seit Jahren bestimmend in diesem Bereich. Sie haben es geschafft, den vermeintlich einzig richtigen Zugang zu diesem Thema zu besetzen. Kaum jemand wagt es, dem zu widersprechen. Auch das Positionspapier, das Rendi-Wagner vor fünf Jahren den Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser und Hans Peter Doskozil dazu erstellen ließ, ist alles in allem nur eine Bestätigung davon.

Mit Andreas Babler geht eine SPÖ-interne Revolte einher. Zumindest ein Ziel könnte sie erreichen: Gegen den Widerstand bisher mächtiger Funktionäre könnte er sich bei der Mitgliederbefragung durchsetzen. Ausgeschlossen ist das jedenfalls ganz und gar nicht mehr. Doskozil wäre damit zwar verhindert. Wenn Babler seine Anhänger nicht enttäuschen möchte, wird er in weiterer Folge jedoch keinen Stein auf dem anderen lassen können. Jeder darf mitreden, es gibt flache Hierarchien und es wird kompromisslos sozialdemokratische Politik propagiert. Auch ein Mann wie Ludwig oder eine Frau wie Bures werden sich dem unterwerfen müssen. Sie werden keine „Hinterzimmer-Politik“ mehr betreiben können. Babler erteilt einer solchen fast schon täglich eine Absage. Das ist auch gegen sie gerichtet.
Bei einem größeren Ziel würde es schwieriger werden für ihn und seine Anhänger: So wie rechter kann zwar auch linker Populismus auf sehr viel Zuspruch stoßen in der Wählerschaft. Am Ende des Tages wird es jedoch Koalitionspartner für eine Mehrheit geben müssen. Und diesbezüglich fallen gleich drei (theoretisch) mögliche weg für eine Babler-SPÖ: ÖVP, FPÖ und Neos. Übrig bleiben ausschließlich die Grünen. Doch ihnen würde Babler inklusive seiner Ansage, den Klimaschutz zu forcieren, eher sogar Stimmen wegnehmen, sodass Rot-Grün in der Minderheit bleibt.

Johannes Huber betreibt die Seite dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.

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