Weil sich seine Tochter (18) zu Tode hungerte: Vater klagt Kepler-Universitätsklinikum

Vorarlberg / 14.04.2023 • 15:45 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Weil sich seine Tochter (18) zu Tode hungerte: Vater klagt Kepler-Universitätsklinikum

Oliver Janka (42) ist überzeugt: „Wäre unser Kind ärztlich richtig behandelt worden, wäre es noch am Leben.“

Schwarzach, Linz „Der Platz wird für wichtigere Coronapatienten benötigt. Sie können genauso gut zu Hause sterben.“ Erschütternde Worte, die Celina Hofbauer laut ihrer eigenen Aussage als Patientin in der Intensivstation der Kepler-Klinik in Linz hören musste. Fakt ist: Zwei Wochen nach der Entlassung aus dem Krankenhaus starb das damals 18-jährige Mädchen an Unterernährung. Die einst so hübsche junge Frau wog nur noch 31 Kilogramm, sie starb den Hungertod.

Ein Bild aus glücklichen Tagen: Celina mit ihrem Vater Oliver. <span class="copyright">janka</span>
Ein Bild aus glücklichen Tagen: Celina mit ihrem Vater Oliver. janka

Seither prescht ihr Vater Oliver Janka, wohnhaft in Hohenems, gerichtlich gegen die Uni-Klinik in Linz vor. „Celinas Mutter kann und will darüber nicht mehr sprechen, sie ist völlig am Ende“, sagt der 42-Jährige im Gespräch mit den VN. Doch Janka gibt nicht auf. Er hat die Bregenzer Rechtsanwaltskanzlei Reiterer/Ulmer konsultiert. „Celina litt an Magersucht und war erst in der Jugendstation untergebracht. Als sie 18 Jahre alt war, wurde sie aus dem Krankenhaus geschmissen. Denn da hieß es nur noch ‘Friss oder stirb’.“

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Nach dem Tod des Mädchens folgte ein juristischer Marathon. Denn Vater Oliver ist überzeugt: „Aufgrund der psychischen Verfassung Celinas wäre im Sinne des Unterbringungsgesetzes eine Zwangsernährung geboten gewesen. Doch die wurde ihr verweigert.“

Die Sache kam vor das Landesgericht Linz. Janka klagte die Universitätsklinik. Die ärztliche Behandlung seiner Tochter sei „sine lege artis“, also pflichtwidrig, erfolgt.

Celina Hofbauer war vor ihrer Krankheit ein munteres, fröhliches Mädchen. <span class="marker">Janka </span>
Celina Hofbauer war vor ihrer Krankheit ein munteres, fröhliches Mädchen. Janka

“Mangelnde Kooperation”

Doch die Klinik bestritt ein Verschulden ihrerseits. Als beklagte Partei brachte sie vor, dass die Behandlung fachgerecht erfolgt sei und sie keine Haftung treffe. Eine Kalorienversorgung habe sich „aufgrund mangelnder Kooperation der Patientin schwierig gestaltet“. Da Celina aus ärztlicher und psychologischer Sicht entscheidungsfähig gewesen sei, sei eine Behandlung gegen ihren Willen nicht zulässig gewesen, sodass sie gegen ausdrücklichen ärztlichen Rat aus der stationären Behandlung entlassen werden habe müssen. Das Erstgericht wies das Klagebegehren des Vaters zurück.

Für Celinas verzweifelte Eltern ein herber Rückschlag. „Celina wollte, dass man ihr hilft!“, sagt ihr Vater und verweist auf eine – den VN vorliegende – Audioaufnahme eines Gesprächs mit seiner Tochter (siehe Faksimile).  

Transkription des Gesprächs zwischen Celina und ihren Eltern kurz vor dem Tod (Audioaufnahme liegt den VN vor).
Transkription des Gesprächs zwischen Celina und ihren Eltern kurz vor dem Tod (Audioaufnahme liegt den VN vor).

Erfolg mit Berufung

Die Anwaltskanzlei Reiterer/Ulmer berief im Namen ihres Mandanten gegen die Entscheidung des Erstgerichtes beim Oberlandesgericht (OLG) Linz.

Mit Erfolg: Das OLG gab der Berufung Jankas mit Beschluss vom Februar 2023 Folge. Und dies unter anderem mit der Begründung: „Durch eine Behandlung nach den Regeln der ärztlichen Kunst hätte der Tod von Oliver Jankas Tochter vermieden werden können. Bei einer akuten Selbstgefährdung wäre eine Unterbringung im Sinne des Unterbringungsgesetzes sowie eine zwangsweise Ernährung indiziert gewesen.“

Nicht entscheidungsfähig

Eine bloße Aufklärung über die möglichen Folgen der mangelnden Kalorienaufnahme sei nicht ausreichend gewesen. Celina Hofbauer sei zum Zeitpunkt der Entlassung aus dem Krankenhaus der Beklagten weder einsichts- noch urteilsfähig gewesen. Sie habe an einer psychischen Krankheit gelitten, insbesondere einer schweren Form der Magersucht. Es sei ihr also nicht möglich gewesen, selbstbestimmt und eigenverantwortlich über das weitere medizinische Vorgehen und die weiteren Behandlungen zu entscheiden. „Eine zwangsweise Ernährung mittels Sonde wäre daher rechtlich nicht nur möglich, sondern sogar geboten gewesen“, begründet das OLG weiter.

Oliver Janka ist überzeugt: Hätte das ärztliche Personal richtig gehandelt, wäre Celina noch am Leben. Nun wird es zu einer weiteren Verhandlung am Landesgericht Linz kommen. Janka begehrt 30.000 Euro Trauerschmerzengeld, aber: „Das Geld ist mir nicht wichtig. Wichtiger ist mir, dass, wenn andere junge Erwachsene oder Eltern in eine solche Situation kommen, so etwas nicht noch einmal passiert.“

Das Grab von Celina. Hätte dieses Ende sein müssen? <span class="copyright">Janka</span>
Das Grab von Celina. Hätte dieses Ende sein müssen? Janka

Streit gegen Österreich

Jankas Rechtsvertreter Anwalt Florin Reiterer noch zu einem weiteren Detail: „Vonseiten unseres Mandanten wurde außerdem der Republik Österreich der Streit verkündet, da nach dem Unterbringungsgesetz unter Umständen eine Amtshaftung im Raum steht. Die Republik Österreich hat sich bis dato noch nicht dem Verfahren angeschlossen.“

Rechtsanwalt Florin Reiterer vertritt Janka in seinem Klagebegehren. <span class="copyright">D. Mathis</span>
Rechtsanwalt Florin Reiterer vertritt Janka in seinem Klagebegehren. D. Mathis

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