Unsichtbare Prävention

Vorarlberg / 18.04.2023 • 18:09 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
In den Werkstätten lernen die Jugendlichen geregelte Tage kennen.
In den Werkstätten lernen die Jugendlichen geregelte Tage kennen.

Die Jugendarbeiter der OJAD halten auf und abseits der Straße den Kontakt zur Jugend.

DORNBIRN Manche Beiträge zu Sicherheit und Wohlbefinden im öffentlichen Raum sind mehr, manche weniger sichtbar. Zu Zweiteren zählt die mobile Jugendarbeit der Offenen Jugendarbeit (OJAD) in Dornbirn.

Mit der Arena in Dornbirn Schoren, dem Mädchen*treff in der Bergmannstraße und dem Vismut nahe dem Bahnhof gibt es öffentliche Räume, in denen die Jugendlichen willkommen sind. „Auf der einen Seite sind wir im Haus, auf der anderen auch draußen“, versichert Yasemin Polat. Sechs Leute rund um die 37-Jährige und Cihan An (44) bilden auf eineinhalb Vollzeitstellen das multikulturelle Team der mobilen Jugendarbeit. Mittwoch bis Samstag sind sie in Dornbirn unterwegs, um die Jugendlichen an den Hotspots aufzusuchen. „Wenn ein Anliegen eines Anrainers oder der Stadt besteht, dann sind wir da parat und vor Ort“, versichert Polat. Ihr Ziel: Probleme ansprechen, Möglichkeiten eröffnen und Perspektiven anbieten.

“90 Prozent kennen wir”

Die Kooperation mit der Stadt, Behörden und dem öffentlichen Nahverkehr ist eng, mit regelmäßigem Austausch. Jugendliche seien aber auch nicht das große Problem am Dornbirner Bahnhof oder im öffentlichen Raum allgemein. „Aber auch ich als Frau empfinde die Situation am Bahnhof nicht als schwierig“, betont Polat. „Ich bin auch der Meinung, man braucht keine Angst zu haben.“ Die Messerattacke vergangene Woche war ein tragischer Einzelfall und nicht die Regel. „Leider war uns der Jugendliche nicht bekannt, er ist uns vorher nicht aufgefallen“, bedauert An. „90 Prozent der Jugendlichen zwischen zwölf und 18 Jahren kennen wir.“ Aufgrund der Lockdowns wurde das Publikum der Jugendarbeiter mit etwa 14 Jahren grundsätzlich jünger: „Nach der Pandemie ist die neue Generation nicht mehr so vertraut mit unseren Angeboten, wo die Jugendzentren sind und was man da macht“, räumt An ein. Dass es hier Orte ohne Konsumzwang gibt, an denen sie auf Augenhöhe akzeptiert werden, muss manchen erst aufgezeigt werden. „Es geht auch darum, manche von ihnen aufzufangen“, betont der 44-Jährige. Im Albatros hinterm Vismut können Jugendliche den Pflichtschulabschluss nachholen, die Wände sind gepflastert mit Bildern der Absolventen. In den Werkstätten von Job ahoi lernen sie bei der Arbeit an Booten bis Fahrrädern geregelte Tagesabläufe kennen. Am Freitag wird in der Arena gemeinsam gekocht und gegessen.

Perspektiven abseits der Straße

Von mangelnder Chancengleichheit, Alltagsrassismus, Existenzsorgen und Teuerung bleiben auch die Jugendlichen nicht verschont. „Sie wünschen sich Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter, die Perspektiven aufzeigen und ein offenes Ohr haben“, betont Polat. „Von hier aus bekommen sie eine positive Sicht auf die Zukunft“, betont An. Etwas, das nicht jeder Jugendliche zu Hause oder in seinem Umfeld hat.

Dass ihre Arbeit auf der Straße wichtig ist, zeige sich schnell beim Blick über die Landesgrenzen hinweg: Den Randalen in Städten wie Berlin an Silvester oder an Halloween in Linz ging meist ein Rückbau der mobilen Jugendarbeit voraus, warnen die beiden Jugendarbeiter. VN-RAU

Cihan An und Yasemin Polat sind jede Woche auch auf der Straße tätig. VN/RAUCH
Cihan An und Yasemin Polat sind jede Woche auch auf der Straße tätig. VN/RAUCH
Die Radwerkstatt ist nur eines der Angebote, um Perspektiven aufzuzeigen.
Die Radwerkstatt ist nur eines der Angebote, um Perspektiven aufzuzeigen.

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