Kinder- und Jugendanwalt zieht kritische Bilanz

Vorarlberg / 19.04.2023 • 19:07 Uhr / 3 Minuten Lesezeit

Christian Netzer berichtet von Zunahme psychischer Probleme und bedenklichen Alkohol-Testkäufen.

Bregenz Krieg, Klimakrise, Kostenexplosionen und Druck aufgrund verzerrter Realitäten in sozialen Medien: Themen, welche die Gesellschaft vor Herausforderungen stellen und bei immer mehr jungen Menschen Zukunftsängste und Stress auslösen, wie Kinder- und Jugendanwalt Christian Netzer am Mittwoch bei der Präsentation des Tätigkeitsberichts 2022 erläuterte. Handlungsbedarf ortet er hinsichtlich langen Wartezeiten bei ambulanten Hilfsangeboten und Plätzen für Kinder und Jugendliche, die psychiatrische Behandlungen benötigen. Auch beim Thema Alkoholkauf im Handel und in Shops schlägt Netzer Alarm.

Fast ein Fünftel der Zehn- bis 19-Jährigen sei von psychischen Problemen betroffen, zitierte Netzer aus einer UNICEF-Studie. „Trotzdem erhält das Thema immer noch nicht den Stellenwert, den es haben müsste.“ Personalengpässe im System der Kinder- und Jugendhilfe hätten die Situation zudem verschärft. Netzer ortet auch Handlungsbedarf im Zusammenhang mit der Aufstockung der Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie bei verstärkter Zusammenarbeit zwischen Kinder- und Jugendhilfe mit der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Auch der Präventionsbereich sollte seiner Meinung nach gestärkt werden. Was den Zugang zu Alkohol für Jugendliche in Handel und Shops betrifft, zeigt der Tätigkeitsbericht bedenkliche Entwicklungen auf. Wie Netzer berichtete, wurden im Zuge des sogenannten Mystery Shoppings 253 Testkäufe von 14- und 15-Jährigen durchgeführt. Bei 108 Fällen gelang es den Testkäufern, gebrannten Alkohol zu kaufen, obwohl der Verkauf erst ab 18 Jahren erlaubt ist. Neben Schulungen für das Personal hinsichtlich Jugendschutz empfiehlt der Kinder- und Jugendanwalt auch Verwaltungsstrafen zu verhängen, um die Quoten zu senken. Konkret lag die Quote im Jahr 2019 noch bei 13 Prozent, im Jahr 2021 bei 31. Was das Thema Nikotin und Tabak angeht, so gingen die Testkäufer im Vorjahr 94 Mal auf Tour. Dabei gelang es ihnen in 33 Fällen, Nikotin und Tabak zu kaufen. Hier stagniere die Quote. Zunehmend sei die kija auch mit Strafangelegenheiten und Rechtsberatungen konfrontiert, berichtete Netzer. Immer mehr Jugendliche würden die kija kontaktieren. Er sieht darin eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung, da sich viele schon früh in Familiensystemen mit schwierigen Themen auseinandersetzen müssten. Insgesamt bearbeitete die kija im vergangenen Jahr 227 Einzelfälle. Hauptfragestellungen habe es dazu zu den Themen Obsorge, Kontaktrecht und Scheidung gegeben. Insgesamt würden die Anfragen immer komplexer. VN-mef

„Das Thema psychische Gesundheit erhält noch nicht den Stellenwert, den es haben sollte.“

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