Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Zitierverbot

Vorarlberg / 20.04.2023 • 17:05 Uhr / 3 Minuten Lesezeit

Verfassungsministerin Edtstadler wünscht sich ein Verbot, aus Gerichtsakten zu laufenden Verfahren zitieren zu dürfen, das natürlich in erster Linie die Medien treffen würde. Sie stößt damit zwar auf heftigen Widerstand, weil der Eindruck entsteht, sie wolle nur ihre Parteifreunde schützen, was aber nichts daran ändert, dass sie prinzipiell recht hat. Wenn Ermittlungsergebnisse verbreitet werden (dürfen!), bevor es überhaupt zu einer Anklage, geschweige denn einer öffentlichen Verhandlung kommt, ist das gröbster Unfug. Dadurch wird die Meinung der Öffentlichkeit manipuliert und häufig genug der Ruf Unbeteiligter beschädigt, ohne Chance, sich zur Wehr zu setzen.

Grundsätzlich können Aktenleaks auf zwei verschiedene Arten zustande kommen: Erstens durch undichte Stellen im Staatsapparat (bezahlt oder nicht), zweitens durch Mitbeschuldigte und ihre Anwälte, die sich durch das Anschwärzen anderer Personen Vorteile für ihre eigene Verteidigungsposition versprechen. Manche Journalisten beschwören, dass in der Praxis nur die zweite Alternative vorkommt. Na schön, wollen wir es ihnen glauben.

Bemerkenswert bleibt, dass in der Strafprozessordnung eigentlich schon ein Veröffentlichungsverbot verankert ist.

Justizministerin Alma Zadic hat dem Projekt allerdings schon eine Absage erteilt. Sie denke nicht daran, die Rechte von Beschuldigten einzuschränken, wie sie sagt. Damit macht es sich die Justizministerin leicht. Seit wann gehört es zu legitimen Beschuldigtenrechten, durch die selektive Veröffentlichung von Aktenteilen die Öffentlichkeit zu beeinflussen und über die Öffentlichkeit Druck auf das Gericht auszuüben?

Ein mögliches Zitierverbot bedeutet nicht, dass skandalöse Vorgänge wie die Schmid-Chats nicht der Öffentlichkeit bekannt werden dürfen. Aber das sollte durch seriöse, offene Kommunikation von Staatsanwaltschaften und Gerichten erfolgen und nicht durch Aktenleaks dubiosen Ursprungs. Bemerkenswert bleibt, dass in der Strafprozessordnung eigentlich schon ein Veröffentlichungsverbot verankert ist. Die Norm ist allerdings – typisch österreichisch – eher unkonkret, offenbar wenig praktikabel und Verstöße sind mit keinen wirksamen Sanktionen verbunden.

Peter Bußjäger ist Direktor des ­Instituts für Föderalismus und ­Universitätsprofessor in Innsbruck.

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