Landtagswahlen werden zur Lotterie

Vorarlberg / 21.04.2023 • 20:01 Uhr / 4 Minuten Lesezeit

Sehr viele Menschen interessieren sich nicht für Politik und wählen allenfalls emotional.

SCHWARZACH Seit Wochen beschäftigen sich Medien in Salzburg mit der Landtagswahl, die an diesem Sonntag stattfindet. Vom Flachgau über den Lungau bis in den Pinzgau sind Plakate mit Spitzenkandidaten zu sehen. An sehr vielen Menschen geht das jedoch vorbei: 50 Prozent der Wahlberechtigten äußerten bei einer Befragung Anfang April wenig oder gar kein Interesse daran. Und überhaupt: Gerade einmal 62 Prozent konnten den Namen des Spitzenkandidaten der ÖVP nennen. Das heißt etwas: Es handelt sich um Wilfried Haslauer. Er ist seit zehn Jahren Landeshauptmann. Man würde glauben, dass der Name geläufig sein müsste: Sein Vater hieß ebenfalls so. Wilfried Haslauer senior führte Salzburg von 1977 bis 1989.

Schwacher Trost: Solche Erhebungen haben das Institut für Strategieanalysen des Politikwissenschaftlers Peter Filzmaier sowie das Sozialforschungsinstitut SORA zuletzt im Auftrag des ORF auch vor den Landtagswahlen in Tirol, Niederösterreich und Kärnten durchgeführt. In Tirol erreichte der heutige Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) einen Bekanntheitsgrad von 65 Prozent. Filzmaier und Co. dachten sich, es sei darauf zurückzuführen, dass er noch nicht lange an der Spitze der Volkspartei steht. Mit 72 bzw. 69 Prozent kamen dann aber auch Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) in Niederösterreich und Peter Kaiser (SPÖ) in Kärnten nicht weit darüber hinaus. Und Haslauer liegt nun eben sogar darunter. Bemerkenswerter: Bei unter 30-jährigen Wahlberechtigten erreicht er gar nur 25 Prozent. Drei Vierteln ist er weitgehend unbekannt.

Gilt auch für Vorarlberg

Ob das Rückschlüsse für die Vorarlberg-Wahl im Herbst 2024 zulässt? „Wir haben diese Vorwahlstudie jetzt in vier Bundesländern durchgeführt. Es ist naheliegend, dass es in den anderen Bundesländern ähnlich ist“, erklärt Filzmaier. Also „ja“.

„Wir haben das Problem, dass eine größere Gruppe der Wahlberechtigten verfestigte Nichtwähler werden“, analysiert der Experte. Das bedeute, dass sie sich ganz abwenden und nie mehr wählen gehen: „Das ist auf der Kippe zu Demokratieverdrossenheit.“ Was unter Insidern diskutiert wird, werde von einer Masse nicht wahrgenommen. „Eine Erklärung dafür ist der Wandel in der Medienlandschaft“, so Filzmaier. Einst sei man Berichten nicht entkommen. Vor allem bei jüngeren, die sich in sozialen Medien bzw. sogenannten Blasen bewegen, sei das jedoch normal geworden.

Die Politik stehe vor der Herausforderung, „überhaupt an die Leute heranzukommen“. Wobei es im Wahlkampf zu spät sei: „Die Ursache ist Politikferne zwischen den Wahlen.“ Anderseits werden Wahlergebnisse immer schwerer abschätzbar. Selbst durch Umfragen: „Die Zahl von sehr kurzfristigen, emotionalen Stimmabgaben steigt“, erläutert Filzmaier: Immer mehr Männer und Frauen würden nicht Für und Wider abwägen, „sondern mehr oder minder willkürlich wählen“. Vielleicht wird man das nun auch in Salzburg merken: Erhebungen zufolge könnte die FPÖ stark gewinnen und die ÖVP (wie die SPÖ) verlieren, aber vorne bleiben. Sicher ist jedoch gar nichts. JOh

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