Kultkiosk hat eine neue Pächterin

Sobald das Wetter mitspielt, präsentiert sich der Milchpilz in Bregenz in neuem Glanz.
Bregenz Sein Äußeres ist einzigartig. Keine andere Verkaufsstelle in Vorarlberg sieht auch nur annähernd so aus wie er. Insgesamt sollen nur noch sechs Stück seiner Art in Betrieb sein. Der rote Hut mit den weißen Punkten hat ihm sogar Kultstatus verschafft. Gleichzeitig ist er äußerst standfest. In Bregenz befindet er sich seit 1953 praktisch am selben Ort. Nur einmal, im Jahr 1997, musste er um etwa 30 Meter versetzt werden, weil er den Verkehrsplanern im Weg stand und Bürger gegen die Abrisspläne mobil machten. Pünktlich zum 70. Geburtstag hat er eine neue Pächterin.
Tamara Faber (47) vom Café „Die Welle“ am Hafen führt ab sofort auch den Milchpilz. Wie viele Vorarlberger verbindet sie mit dem kleinen Häuschen in Fliegenpilzform Kindheitserinnerungen. „Jeder wollte hierher. Es war der Treffpunkt schlechthin“, blickt sie zurück. Da die „Welle“ nur wenige Hundert Meter Luftlinie vom Milchpilz entfernt ist, ist die Gastronomin in den letzten 13 Jahren außerdem fast täglich daran vorbeigefahren. Dass sie selbst einmal drinnen stehen würde, hätte sie bis vor Kurzem trotzdem nicht gedacht. „Das ist Schicksal. Es ist mir zugefallen“, sagt sie und lacht. Noch im Februar hat sie mit ihrer Mama darüber geredet, dass ein zweites Standbein ganz cool wäre. Dabei ist auch der Name Milchpilz gefallen. Da der Kiosk seit 36 Jahren in der Hand der selben Pächter war, „habe ich geglaubt, der wird eh nie frei. Kurz darauf ist in der Zeitung gestanden, dass sie einen neuen Pächter suchen“, erzählt die 47-Jährige.
Aus dem Allgäu
Der Milchpilz ist Blickfang, Orientierungspunkt, Treffpunkt und Kiosk zugleich. Oder wie Tamara Faber sagt: „Ein besonderes, putziges kleines Scheißerchen.“ Die Hüttchen sind ab Anfang der 1950er-Jahren buchstäblich aus dem Boden geschossen. Verantwortlich dafür war die Hermann Waldner KG aus Wangen im Allgäu. Die Firma war in der Milchwirtschaft tätig. Damit ihre Produkte mehr gekauft werden, versuchte Firmenchef Anton Waldner mehr Milch unters Volk zu bringen. Die von ihm entworfen Hüttchen fanden reißenden Absatz.
Bis 1958 verließen insgesamt 49 Pilze das Werk in Wangen. Neben Deutschland fanden sie auch Abnehmer in Österreich, in der Schweiz, in Italien, Frankreich, Belgien und Griechenland. Bregenz hat seinen Milchpilz vor 70 Jahren, am 20. Juli 1953 bekommen. Seit 2007 ist er eines von 198 denkmalgeschützten, unbeweglichen Objekten in der Landeshauptstadt. Eigentümer ist die Vorarlberg Milch.
Rot-weißer Farbtupfer
Tamara Faber möchte das Traditionelle behutsam mit Neuem verbinden. „Mir war wichtig, dass man auch sieht, dass es eine Veränderung gibt“, sagt die neue Milchpilz-Chefin. Der Name ist dabei Programm. An den kleinen Fenstern und Türen hängen jetzt rote Vorhänge mit weißen Punkten. Auch die Stehtische tragen Rot-Weiß. Da es keine roten Töpfe mit weißen Punkten gab, hat Tamara Faber die roten Töpfe kurzerhand selbst mit weißen Punkten beklebt. Am Angebot selbst ändert sich nicht viel. Es wird auch weiterhin Milchshakes, belegte Brötchen, Softdrinks und Kaffee geben. „Wir werden die Milchshakes vielleicht ein bisschen mit Toppings pimpen und die belegten Brötchen heißen jetzt anders“, ergänzt sie. Wenn das Wetter mitspielt, ist die Eröffnung morgen, Donnerstag (27. April) geplant. Bis September ist der Milchpilz dann bei Schönwetter täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet. vn-ger


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