Klimakleber sind lästig
Klimakleber sind lästig. Nicht nur für Autofahrer, die stundenlang im Stau stehen und daher verspätet zur Arbeit oder nach Hause kommen. Es ist vielmehr so, dass sie an etwas erinnern, was sehr großes Unbehagen verursacht. Nämlich daran, dass zu wenig getan wird, um Schlimmeres zu verhindern. Wer mag das schon hören? Bisweilen löst es sogar Aggression aus, die an den Aktivisten entladen wird. Von „Terroristen“ ist dann die Rede. Oder von einem Erfordernis, härtere Strafen für sie vorzusehen. Bis hin zur Haft. Das ist jedoch durchschaubar: Es soll vom Problem ablenken.
„Sie erinnern daran, dass zu wenig getan wird, um Schlimmeres zu verhindern. Wer mag das schon hören?“
„Einige Regierungs- und Wirtschaftsführer sagen das eine, tun aber das andere. Einfach gesagt: Sie lügen. Und die Folgen werden katastrophal sein.“ Das sagt kein Terrorist, sondern UN-Generalsekretär Antonio Guterres, um hinzuzufügen: „Das ist der Klima-Notstand.“
Politik tendiert mehr und mehr dazu, ausschließlich populär wirken zu wollen. Also zu tun, was einer Mehrheit gefallen könnte. Bei Türkisen, Roten und Blauen mag es unterschiedlich stark ausgeprägt sein, ist es jedoch bestimmend. Im Grunde genommen stellen sie sich damit selbst infrage. An ihre Stelle könnte eine Art Künstliche Intelligenz treten, die automatisch erfasst, was ankommt und in weiterer Folge auch gewährleistet. Die zum Beispiel dafür sorgt, dass Österreich ein „Autoland“ bleibt, in dem auf der Autobahn, wenn schon nicht schneller, dann wenigstens auch in Zukunft 130 km/h gefahren werden darf. Dazu braucht es keinen Kanzler, der das garantiert und auch keine Oppositionsvertreter, die darauf bestehen. Das würde auch billiger gehen.
Gegenüber nachfolgenden Generationen ist es rücksichtslos, um es vorsichtig zu formulieren. Selbst in gemäßigten Klimazonen sind Trockenheit und Hitze bereits zu einem Problem geworden. Wachsende Teile der Welt werden unbewohnbar, was den Migratonsdruck weiter erhöht. Dagegen vorzugehen, wird aufgrund der Massen immer schwieriger werden, es sei denn, man erklärt ihnen den Krieg. Vielleicht führt aber genau eine solche Aussicht zu einer Kapitulation insofern, als man versucht, derartige Szenarien zu verdrängen und sich erst recht einzureden, dass man weiterleben könne wie bisher.
Insofern ist es natürlich eine große Herausforderung für die Politik, damit umzugehen. Statt klein beizugeben und zu betonen, dass Österreich insgesamt ohnehin nur einen verschwindend kleinen Teil des globalen CO2-Ausstoßes verursache, wäre es jedoch angemessen, sich zu überlegen, wie man eine Mehrheit dafür gewinnen könnte, zunächst zum Beispiel auf einen durchschnittlichen Pro-Kopf-Ausstoß zu kommen. Und statt andauernd nur zu erklären, dass man Verzicht ablehne, weil das ja für etwas Negatives stehe, könnte man hervorheben, was sich verbessern könnte. Das würde immerhin einem Bemühen gerecht werden, Notwendiges populär zu machen.
Vielleicht würden dann gerade auch klassische Parteien der politischen Mitte, wie ÖVP und SPÖ, wieder mehr Achtung erfahren. Vielleicht verlieren sie seit Jahren ebensolche im Form von Wählerstimmen, weil sie so tun, als wären Verbrennungsmotoren und Billigschnitzel wichtiger als Nachhaltigkeit: Derlei hört sich gefällig an, kann aber nicht ernstgenommen werden.
Johannes Huber betreibt die Seite dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.
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