Oft ist es nur Glück

Im Stadtmuseum Dornbirn eröffnet die neue Sonderausstellung über Kaplan Emil Bonetti.
Dornbirn Im Eingangsbereich des Stadtmuseums in Dornbirn steht jetzt ein Glücksrad. Idealerweise bedient man es bevor man die neue Ausstellung betritt. „Man bekommt Hinweise, welche Lebenswendung das Schicksal für einen parat hat“, erläutert Kuratorin Daniela Egger. Die Möglichkeiten reichen von „Sie verursachen durch Unaufmerksamkeit einen Unfall mit Todesfolge“ bis hin zu „Sie gewinnen durch Aktiengeschäfte ein Vermögen“. Wegweiser, die hinauf in die Ausstellung führen, sollen anschließend den Blick schärfen für die Themen, die einem in der jeweiligen Lebenssituation erwarten. „Solche Dinge, die wir nicht alle im Griff haben, bestimmen, wie das Leben weitergeht. Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, dass uns bewusst ist, dass es nicht immer Fehlentscheidungen sind, die dazu führen, dass man in eine große Krise gerät“, erläutert Egger, die für die neue Sonderausstellung „Glück gehabt? 70 Jahre Kaplan Bonetti“ unter anderem 16 Interviews mit Zeitzeugen, Wegbegleitern und ehemaligen Bewohnern des Kaplan Bonetti Hauses geführt hat.
Die Ausstellung, die am Freitag (5. Mai) um 18 Uhr im Kulturhaus eröffnet wird, wurde in Zusammenarbeit mit dem Verein der Freunde Kaplan Bonetti erstellt und widmet sich dem ehemaligen Haus der jungen Arbeiter und seiner Geschichte sowie den sozialen Strukturen und gesellschaftlichen Entwicklungen in dieser Zeit. „Wenn man Soziales richtig versteht, dann sind die wichtigsten Akteure die Menschen, die betroffen sind. Wenn man die Lebensgeschichte der deutlich mehr als 10.000 Menschen, die im Haus gewohnt haben, sieht, dann sind es nicht nur Geschichten des Versagens und Geschichten des traurigen Elends, sondern Geschichten von Menschen, die sehr engagiert versuchen ihr Leben in schwierigsten Verhältnissen zu gestalten und die oft auch wieder herauskommen“, unterstreicht Stefan Allgäuer, Obmann des Vereins der Freunde Kaplan Bonetti.
Tausende Arbeitskräfte
Alles begann mit dem Wirtschaftsaufschwung in Vorarlberg, der in den 1950er-Jahren einen großen Bedarf an Arbeitskräften mit sich brachte. Die tausenden Kärntner und Steirer, die in der Folge in den „Goldenen Westen“ kamen, fanden zwar sofort Arbeit, aber nicht immer gleich eine Unterkunft. 1953 wurde der Verein der Freunde des Hauses der jungen Arbeiter gegründet. Im Jahre 1957 erfolgte der Baustart. Nach dem überraschenden Tod von Edwin Fasching brachte Emil Bonetti auf Geheiß des Bischofs den Rohbau zu Ende. Noch im selben Jahr bot das Haus 134 jungen Kärntnern und Steirern im Alter von 14 bis 22 Jahren Obdach.
Mit der Zeit wurde aus dem ehemaligen Arbeiterhotel ein Ort für Menschen, die ihre Arbeit und damit auch ihre Wohnung verloren hatten. Um diesen Männern Arbeit und eine Tagesstruktur zu verschaffen, baute Emil Bonetti die Arbeitsprojekte aus. „Zumindest Dornbirnerinnen und Dornbirner in meinem Alter, wahrscheinlich auch weit darüber hinaus, erinnern sich live und mit vielen Emotionen an Emil Bonetti, der sehr lange das jetzige Kaplan Bonetti Haus geleitet hat. Es ist ein ganz großer Teil der Geschichte der Stadt Dornbirn“, sagt Bürgermeisterin Andrea Kaufmann.
Bewohner und Transitmitarbeiter haben für die Ausstellung ihr Dornbirn fotografiert. Auf Bodeninseln sind Zahlen und Fakten zu den Themen Armut, Arbeitslosigkeit, Migrationsgeschichte, Drogen, Alkohol und Glück dargestellt. Für Kinder, die ihre Eltern begleiten, gibt es Guckkästen und einen Vorleseraum. Vom Stadtmuseum führen fünf Bodenklebefolien zum Kaplan Bonetti Haus, wo in der Kantine ein Teil der Ausstellung zu sehen ist. Parallel dazu finden Workshops, Spaziergänge oder Vorträge statt. „In unserem Programm gibt es so viele Kooperationspartner wie noch nie“, ergänzt Kulturvermittlerin Barbara Motter. Erstmals im Einsatz ist das neue „Museum Mobil“, das nunmehr bei jeder Sonderausstellung im öffentlichen Raum aufgestellt wird. Stadtmuseums-Leiterin Petra Zudrell verweist außerdem auf den freien Eintritt jeden ersten Sonntag im Monat, der die sozialen Hürden abgebauen soll. vn-ger


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