Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Spontanversammlungen

Vorarlberg / 04.05.2023 • 21:44 Uhr / 3 Minuten Lesezeit

Die Klimaaktivist:innen legen mit ihren Aktionen immer wieder erfolgreich den Verkehr an neuralgischen Stellen lahm. Rechtlich handelt es sich um sogenannte Versammlungen, die bei der Bezirkshauptmannschaft spätestens 48 Stunden vor ihrer Abhaltung anzuzeigen wären. Der Sinn der Anmeldung besteht darin, dass die Behörde abklären kann, ob die Demonstration das „öffentliche Wohl“ gefährdet, wie das Gesetz formuliert.

Aber auch wenn sich die Veranstalter:innen nicht an diese Frist halten oder die Behörde gar nicht informieren, darf diese nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes die Versammlung nicht einfach auflösen. Auch eine sogenannte „Spontanversammlung“ ist geschützt, es droht lediglich eine Verwaltungsstrafe in Höhe von maximal 720 Euro.

Das liest sich auf den ersten Blick etwas skurril. In anderen Bereichen ist die Rechtsordnung nicht so großzügig, wenn sich die Bürger:innen nicht an die Gesetze halten. Allerdings hat die Rechtsprechung zu den Spontanversammlungen ihren Sinn: Es soll den Menschen in einer Demokratie erlaubt sein, ihren Unmut und ihre Forderungen jederzeit äußern zu können, sofern dies nicht andere öffentliche Interessen gefährdet. Die Behörden sind den Aktivist:innen dementsprechend bisher mit großem Augenmaß und Besonnenheit begegnet, nicht zuletzt auch, um die Situation nicht eskalieren zu lassen.

Man darf sich allerdings schon die Frage stellen, ob diese Zurückhaltung auch in Zukunft angebracht ist. Die Klimaaktivist:innen haben mittlerweile eine große Aufmerksamkeit erlangt, die angesichts eines drohenden Klimanotstands zweifellos gerechtfertigt ist. Aber ihre Handlungen bewirken nicht nur Aufsehen, sondern erzeugen Chaos zulasten Unbeteiligter. Wer im Morgenverkehr mit dem Auto fährt, tut dies, weil er oder sie im Gegensatz zu manchen Vollzeitaktivist:innen (so hat sich eine Aktivistin unlängst allen Ernstes bezeichnet) einem Beruf nachgehen muss oder wichtige Termine zu erledigen hat. Dazu kommt die Gefahr verzögerter Rettungseinsätze.

Vielleicht entschließen sich die Behörden in Zukunft, etwas zügiger einzuschreiten. Die Klimaaktivist:innen können sich dann ja noch immer bei den Landesverwaltungsgerichten beschweren.

„Die Klimaaktivist:innen haben eine große Aufmerksamkeit erlangt, die angesichts eines drohenden Klimanotstands gerechtfertigt ist.“

Peter Bussjäger

peter.bussjaeger@vn.at

Peter Bußjäger ist Direktor des ­Instituts für Föderalismus und ­Universitätsprofessor in Innsbruck.

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