Ein Obdach für die Seele

Vorarlberg / 05.05.2023 • 18:04 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
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Die Wohnungsfrage beschäftigt uns ein Leben lang. Jugendliche und junge Erwachsene warten, oft ungeduldig und voller Erwartungen, auf den Moment, um von daheim auszuziehen und auf eigenen Beinen zu stehen. Viele Fragen stellen sich: Wie kann ich mir ein eigenes Heim leisten? Mit wem möchte ich wohnen? Wohin zieht es mich: in die Stadt oder auf das Land; in die Nähe von Familie und Freunden oder in die Ferne? Ältere Menschen wiederum beschäftigt eine ganz andere Form der Wohnungssuche. Wo kann ich leben, wenn ich Pflege brauche? Wer kann mir Heimat geben, wenn Verwandte, Freunde oder der Ehepartner nicht mehr da sind?

„Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen“

Die Bibel ist ein Lebensbuch. Sie verwendet Bilder, die aus dem Leben gegriffen sind. Wer an diesem Wochenende die Gottesdienste besucht, hört Bibeltexte, die von ebendiesen Lebensthemen handeln: vom Wohnen und vom Bauen. Etwa die bekannte Stelle aus dem Johannesevangelium, in der Jesus sagt: „Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott und glaubt an mich! Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, hätte ich euch dann gesagt: Ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten? Wenn ich gegangen bin und einen Platz für euch vorbereitet habe, komme ich wieder und werde euch zu mir holen, damit auch ihr dort seid, wo ich bin.“ (Joh 14,1-3) Dieser Text wird gerne bei Beerdigungen verwendet. Doch es geht darin nicht nur um die Hoffnungsbotschaft, dass wir nach unserem Tod einen Platz im Reich Gottes haben. Vieles schwingt mit, was auch unser Leben heute und jetzt betrifft: die Sehnsucht nach Heimat und Zugehörigkeit, nach Nähe und Gemeinschaft. Damit wird klar, dass es nicht nur um eine Wohnung im herkömmlichen Sinn des Wortes geht. Denn Jesus, der selbst unter uns gewohnt hat (vgl. Joh 1,14) und doch ganz bei Gott daheim war, schenkt Heimat in einem zweifachen Sinn. Er bereitet einen Platz für uns vor, damit wir nicht nur ein Dach über dem Kopf, sondern auch ein Obdach für die Seele haben. Wir alle sind ein Leben lang Suchende: stets unterwegs und auf der Suche nach Trost und Halt, nach Sinn und Lebensglück. Deshalb braucht es zum Leben beides: einen Ort zum Wohnen und eine geistlich-spirituelle Heimat.

Lebendige Steine

Auf dieser Suche sind wir zum Glück nicht allein, sondern von Jesus an die Hand genommen: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“. Nach christlichem Verständnis ist Jesus selbst der Weg, der zur Wahrheit und zur Quelle des Lebens führt. Dass dieser Glaube im besten Sinn des Wortes „erbaulich“ ist und uns innerlich und äußerlich aufrichtet, macht der 1. Petrusbrief deutlich: „Lasst euch als lebendige Steine zu einem geistigen Haus aufbauen.“ (1 Petr 2,5) Was heißt das? Wohl nichts weniger, als dass wir unser Lebenshaus auf den Glauben an Jesus bauen können und dass alle Getauften lebendige Bausteine einer Gemeinschaft sind, die die Welt auf das Fundament von Glaube, Hoffnung und Liebe gründen möchte.

Bischof Benno Elbs.
Bischof Benno Elbs.

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