Politiker in Rom, Inflation im Himmel
VN-Chefredakteur Gerold Riedmann über die Untätigkeit der Regierung im Kampf gegen die hohe Inflation.
Nach einer Afrikareise war der Bundeskanzler am Dienstag dann bei der italienischen Regierungspräsidentin in Rom, am Mittwoch folgte dann der Vorarlberger Landeshauptmann und pilgerte ebenso nach Rom, genauer gesagt in den Vatikan zum Papst. Während der Bundeskanzler mit Meloni rund um Migration trommelte, ist vom inhaltlichen Austausch des Landesvaters mit dem heiligen Vater nichts bekannt.
Derweil bereist Wirtschaftsminister Kocher Australien und Neuseeland, muss sich von dort in die “Zeit im Bild” melden.
Denn zuhause in Österreich sitzt Finanzminister Brunner mit ganz anderen Problemen, die längst weit über die Köpfe der Minister gewachsen sind:
Die türkis-grüne Regierung findet und findet kein wirksames Inflations-Gegenmittel. Die Teuerung galoppiert. War anfangs die Rede davon, dass die Inflation allein durch Energiepreise importiert und nur die Europäische Zentralbank das Problem lösen könne, so muss das heute differenziert betrachtet werden: Österreichs April-Inflationsrate ist mit 9,6 Prozent nicht nur der traurige Spitzenwert in Westeuropa, sondern liegt auch dramatisch höher als der EU-Schnitt: um 30 Prozent.
In Rom gab’s eher keine Tipps, wie man die Inflation senkt. Denn auch in Italien stieg die Inflation zuletzt wieder an, im April auf 8,8 Prozent. Die Italiener beklagen 17 Prozent Preissteigerung für das Nationalgericht Pasta. Die Behörde für die Aufsicht der Preise will sich nun einschalten.
Ähnliches macht Konsumentenschutzminister Johannes Rauch. Dort werden am Montag Supermarkt-Vertreter vorgeladen. Die Grünen wollen verstehen, weshalb die Preise so stark angestiegen sind.
Es ist mehr als ein Jahr her, dass Österreich begann, sich um die Inflation zu sorgen. Und nun muss man feststellen, dass die Regierung nicht Willens oder nicht in der Lage war, effektive Bekämpfungsmechanismen in die Umsetzung zu bringen. Der Staat war ausnehmend großzügig, Geld wurde verteilt, die Preise blieben aber hoch. Die Inflation freut das – und in monatlichem Wechsel ist einmal das teure Schnitzel im Wirtshaus schuld, die teuren Lebensmittel, die Energie oder der Tourismus. Hohe Lohnabschlüsse sind notwendig, um das teure Leben irgendwie zu meistern. Für die Wirtschaft ist genau dies die große Gefahr: die überdurchschnittlich hohe Inflation verschlechtert die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft massiv.
Die Regierung hat Linderungen nicht nur versprochen, sondern auch verteilt. Da ein Klimabonus, dort die Abschaffung der kalten Progression. In die Angebotsseite, die Preisgestaltung also, wurde nicht eingegriffen. Eine Preisüberwachung gewisser Sektoren in Form einer Preisdatenbank wurde lange abgelehnt, ebenso die Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel. Die Mietpreisbremse fiel politischem Gezerre zwischen den Koalitionspartnern zum Opfer.
Nun sind die Politiker der Regierung aufgerufen, ihre offenbar nach Corona zurückgefahrene “Expertenhörigkeit” jedenfalls im Finanzbereich auszubauen: es wäre gut, besser auf die Fachleute zu hören, anstatt ständig an Preispflastern zu basteln.
Die Probleme, die durch die Teuerung verursacht werden, sind erdrückend. Der Regierung muss man zurufen: Ihr seid nicht auf dem richtigen Weg!
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