Außer Spesen fast nichts gewesen

Gipfel der Bundesregierung über erhöhte Preise im Lebensmittelhandel blieb ohne Erfolg.
Wien Der von Konsumentenschutzminister Johannes Rauch (Grüne) organisierte Lebensmittelgipfel ist am Montag ohne Ergebnis zu Ende gegangen. „Ich verstehe die Sehnsucht nach einfachen Antworten auf komplexe Fragen“, sagte Rauch nach dem Gipfel. Es werde weitere Beratungen zu den hohen Lebensmittelpreisen geben.
Was hätte beim Lebensmittelgipfel passieren sollen? Eigentlich hätten Rauch, Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und ÖVP-Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig mit rund 40 Vertreterinnen und Vertretern von Handel und Industrie Lösungen gegen die starke Teuerung bei Lebensmitteln finden wollen. Kogler etwa zeigte sich in einem in den sozialen Medien veröffentlichten Video vor dem Gipfel motiviert: „Bei den Lebensmitteln ist Folgendes nicht mehr hinzunehmen: Dass in Österreich für dasselbe Produkt zehn bis 20 Prozent mehr bezahlt wird als in Deutschland. Die Konzerne müssen sich hier einmal erklären.“
Was ist wirklich passiert? Das ist unklar, fanden die Beratungen doch hinter verschlossenen Türen statt, aber zumindest konnte nach zwei Stunden kein Ergebnis präsentiert werden: Keine Einigung auf das zuvor von Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) ins Spiel gebrachte Modell, in dem sich Lebensmittelhändler und Regierung auf freiwilliger Basis darauf einigten, die Preise für eine Reihe von Produkten des täglichen Bedarfs „möglichst niedrig“ zu halten; keine Einigung auf eine mögliche Streichung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel; keine Einigung auf einen direkten Eingriff in die Preise. So blieb schlussendlich nur ein einziger Aspekt übrig: Kochers Vorschlag einer Preisdatenbank für Lebensmittel wird zwar nicht umgesetzt, die großen Einzelhandelsketten sollen künftig aber eine Liste mit den Verkaufspreisen der 20 bis 30 günstigsten Preiseinstiegsprodukte wöchentlich an das Sozialministerium übermitteln.
Warum kam es zu keiner Einigung? Das französische Modell etwa lehnte der Handelsverband als „nicht sinnvoll“ ab, wie auch Wolfgang Katzian, Präsident des Österreichischen Gewerkschaftsbundes. Gleichzeitig findet die Idee der Mehrwertsteuerstreichung bei der ÖVP kategorisch keinen Anklang, und auch Kogler und Rauch können sich eine derartige Maßnahme nur vorstellen, wenn die Händler die Steuersenkung auch an die Konsumenten weitergeben.
Warum fand der Lebensmittelgipfel statt? Vor allem wegen der hohen Preisunterschiede zu Deutschland, so kommunizierte die Bundesregierung in den vergangenen Wochen. Für Aufsehen hat kürzlich eine Studie geführt, die sich Supermarktpreise in Deutschland und Österreich für die Jahre 2008 bis 2018 in einem Radius von 60 Kilometern auf beiden Seiten der Grenze angesehen hat. Im Schnitt waren die Preise auf der österreichischen Seite um 13 Prozent höher. Für den Handel sind die Lebensmittelpreise in Deutschland und Österreich aber nur bedingt vergleichbar. Handelsvertreter verwiesen auf unterschiedliche Mehrwertsteuersätze, andere Lohnkosten, höhere Transportkosten, mehr regionale und Bio-Lebensmittel in Österreich und eine kleinstrukturierte Landwirtschaft.
Apropos Landwirtschaft, was sagt diese dazu? Kammerpräsident Josef Moosbrugger verweist in einer Aussendung darauf, dass die landwirtschaftlichen Erzeugerpreise längst wieder gesunken seien „und bei den meisten Produkten auch nur einen geringen Teil des Verbraucherpreises ausmachen“. Ein Hinweis auf die im vergangenen Jahr hohen Gewinne in landwirtschaftlichen Betrieben lässt Moosbrugger nicht gelten: Diese seien von sehr niedrigem Niveau ausgegangen, mittlerweile würden die Erlöse wieder „dramatisch“ zurückgehen.
Und was für ein Bild gibt die Bundesregierung mit diesem Gipfel ab? Kein Gutes, davon ist zumindest Politikberater Thomas Hofer überzeugt: „Es ist ein Debakel. Über Tage hinweg wurde eine Erwartungshaltung geschürt, an unterschiedlichen Enden wurden Geschichten aufgebaut, nur dass es dann zu diesem Gipfel kommt, wo das Ergebnis ist, dass man sich nicht einig ist“, sagt er zu den VN. Dadurch laufe man Gefahr, „dass der Streit und die Nicht-Einigung zum Ergebnis wird“. Das sei ein Offenbarungseid der Regierung, die damit wieder einmal klar gemacht habe, „dass sie in den Vorwahlkampfmodus geschaltet hat und damit versucht, ihren Zielgruppen zu servieren“.

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