Vom Kampf gegen Kinderarmut

Vorarlberg / 21.05.2023 • 20:52 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
„Die Wahrheit ist, dass die Armut der Kinder die Armut der Eltern ist,“ heißt es bei der Armutskonferenz.APA/Kneffel
„Die Wahrheit ist, dass die Armut der Kinder die Armut der Eltern ist,“ heißt es bei der Armutskonferenz.APA/Kneffel

Geld allein hilft nicht: Wie ein Problem am ehesten gelöst werden könnte.

SCHWARZACH Gabriel Felbermayr, Direktor des Wirtschaftsforschungsinstituts WIFO, hat Antworten der Regierung auf die Teuerung in den vergangenen Monaten zunehmend kritisch kommentiert. Auf eine Mietpreisbremse zu verzichten, ist seines Erachtens zum Beispiel ein Fehler. Umso bemerkenswerter ist sein Kommentar zum jüngsten Paket: Dass Haushalte mit einem sehr niedrigen Einkommen bis Ende 2024 zusätzlich 60 Euro pro Kind und Monat erhalten sollen, sei sehr positiv und helfe, meint er. Nachsatz: „Der nächste Schritt könnte sein, dauerhafte Lösungen zu finden, damit Kinderarmut erst gar nicht entsteht.“

Armut der Eltern

Zunächst wird ihre Not gelindert. Die 60 Euro gehen an Familien von Alleinerziehenden, die weniger als 2000 Euro brutto pro Monat verdienen, sowie an Beziehende eines Arbeitslosengeldes, einer Notstandshilfe, Mindestsicherung oder Ausgleichszulage. So sollen betroffene Buben und Mädchen am ehesten erreicht werden. Zu 100 Prozent treffsicher ist das schwer bis unmöglich.

„Die Wahrheit ist, dass die Armut der Kinder die Armut der Eltern ist“, sagt der Sprecher der Vorarlberger Armutskonferenz, Michael Diettrich. Anders ausgedrückt: Ausschließlich über die finanziellen Verhältnisse der Eltern kann erahnt werden, wie’s – rein materiell – den Kindern geht. Hierzulande gelten 16.000 bis 14-Jährige als armuts- und ausgrenzungsgefährdet. Am ehesten handelt es sich um Kinder von Alleinerziehenden und Kinder mit mehreren Geschwistern. Das lässt sich auf Basis repräsentativer Haushaltsbefragungen, die die Statistik Austria regelmäßig durchführt, sagen.

Erhöhung der Familienbeihilfe

Diettrich erklärt, dass er den Begriff „Kinderarmut“ selten verwende. Er werde gerne vorgeschoben. In Wirklichkeit sei das Problem, dass es zu viele Familien gebe, deren Einkommen schlicht zu niedrig ist – „sei es aus Sozialleistungen, sei es aus Erwerbstätigkeit“.

Von daher liegen Maßnahmen wie die 60 Euro pro Kind und Monat nahe. Sie sollen aber nur vorübergehend ausbezahlt werden. Michael Diettrich drängt darüber hinaus auf eine Erhöhung der Familienbeihilfe. Zur Verbesserung der Einkommensverhältnisse wären Sozialpartner seines Erachtens zudem gefordert, stärker zu sozial gestaffelten Lohnrunden überzugehen, kleinere Löhne also stärker zu erhöhen.

Die Arbeiterkammer fordert ausdrücklich auch unter dem Stichwort „Bekämpfung der Kinderarmut“, etwa das Arbeitslosengeld zu erhöhen. Menschen ohne Job sollen demnach nicht mehr 55, sondern 70 Prozent ihres Letztbezugs bekommen. Davon würde auch ihr Nachwuchs profitieren.

Wichtigen Hebel in Gang setzen

Ideal wäre eben, was Felbermayr anspricht: Kinderarmut sollte erst gar nicht entstehen. Insbesondere bei Alleinerziehenden wäre es dafür nötig, Rahmenbedingungen zu schaffen, dass sie mehr arbeiten können, meint Diettrich. Sprich: Kinderbetreuungseinrichtungen müssten länger geöffnet haben. Das wiederum müsste übergehen in Ganztagsschulen.

Womit laut Diettrich überhaupt ein entscheidender Hebel in Gang gesetzt werden könnte: „Für Kinder aus armutsgefährdeten Familien ist Bildung etwas ganz Wichtiges. Das hängt nicht nur am Geld. Oft fehlt es am grundsätzlichen Zugang. Ganztägige Schulen wären daher überhaupt das Wichtigste, um sie aus der Armut herauszuholen.“ Zumal sie so selbst eher einmal zu einer besserbezahlten Arbeit kommen würden und das eines Tages auch zum Vorteil ihrer Kinder wäre. joh

„Ganztägige Schulen wären das Wichtigste, um Kinder aus der Armut herauszuholen.“

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