Personal im Krankenhaus: Zu wenig Wertschätzung, zu wenig Zeit

Chefärztin des LKH Bludenz findet klare Worte. Geburtshilfe im Sommer wieder gesperrt.
Bludenz Seit mehr als 35 Jahren arbeitet Primaria Ruth Krumpholz nun schon im Spital, aber noch nie hat sie erlebt, dass so viele Mitarbeitende buchstäblich aus dem Krankenhaus flüchten. „Ehrlich nicht!“, schickt die Anästhesistin und Chefärztin des LKH Bludenz hinterher.
Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Iframely angezeigt.
Es sind dramatische Worte, die Krumpholz für die aktuelle Situation findet. Als einen Grund nennt sie mangelnde Wertschätzung von Seiten der Krankenhausführung. Ihre Mitarbeitenden klagen über zu wenig Zeit für Patienten verbunden mit dem Gefühl, dadurch unverantwortlich zu arbeiten. Auch das ständige Einspringen ist ein Punkt. „Es macht vielen keine Freude mehr, dort zu arbeiten“, stellt sie nüchtern fest. Dazu kommt, dass Personal immer wieder in anderen Häusern aushelfen muss: „Damit macht man andere Abteilungen kaputt.“ Der Mangel an Fachärzten tut ein Übriges. Es fehlen Internisten, Anästhesisten und Gynäkologen. Eine Folge davon ist, dass die Geburtshilfe im LKH Bludenz auch in diesem Sommer einen Monat zugemacht wird. „Es ist 5 vor 12“, mahnt Ruth Krumpholz.
Lob für die Jungärzte
Bei jungen Ärzten gebe es keine Probleme. „Da haben wir genug Anmeldungen. Sie kommen jedoch von der Uni kommen in die Basisausbildung“, erklärt Krumpholz. Was fehle sei der Mittelbau, seien jene, die den Betrieb am Laufen halten. „Junge Ärzte können noch nicht das leisten, was erfahrene Fachärzte tun.“ Dabei stellt sie den Jungmedizinern ein gutes Zeugnis aus. „Sie machen ihren Job gut. In der Zeit, in der sie arbeiten, sind sie zu 100 Prozent da, aber“, fährt Krumpholz unverblümt fort: „Sie wollen nicht ausgenutzt werden, nicht irgendwohin rotieren, wo gerade Not am Mann oder an der Frau ist. Sie wollen keine Joker sein. Sie wollen eine Zugehörigkeit zu ihrer Abteilung, und sie wollen ausgebildet werden. Funktioniert das nicht, sind sie weg.“ Die hohe Arbeitsbelastung durch Nacht- und Wochenenddienste treibt Ärzte und Pflegepersonal ebenfalls hinaus. Nach der Pandemie etwa seien viele aus der interdisziplinären Intensivstation (IMC) abgewandert. Nicht mehr so arbeiten zu können, wie sie es möchten, war eines der häufigsten Argumente.
Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Youtube angezeigt.
Bedingungen umgestalten
Ruth Krumpholz wird deutlich: „Man muss etwas tun, um die Leute zu halten. Da wird sehr wenig gemacht. So lange es nicht wirklich kracht, lässt man es dahinplätschern.“ Was muss sich ändern? Die Antwort auf diese Frage kommt schnell: „Es muss einen wertschätzenderen Umgang geben.“ Sie weiß von Kollegen, die vorzeitig die Reißleine ziehen, weil sie sich im Stich gelassen fühlen. Auch Krumpholz selbst räumt ein, sich zuweilen nur noch schwer motivieren zu können. „Wir verlieren aus allen Berufsgruppen Menschen, weil sie unter den gegebenen Verhältnissen nicht mehr arbeiten wollen und können.“
Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Iframely angezeigt.
Ihre Hauptforderung: Die Bedingungen im Spital so gestalten, dass die Leute wieder Freude am Arbeiten haben. „Ich denke, das ist der Weg. Die Freude, das Zusammengehörigkeitsgefühl, das Wissen, die Patienten gut zu versorgen, sind das Um und Auf.“ Bis jetzt habe es noch nie einen Mangel an Internisten gegeben, die Basisarbeit in der Ambulanzversorgung leisten. „Jedes Basiskrankenhaus braucht eine funktionierende Interne und Chirurgie, das ist nicht mehr gegeben“, nennt die Ärztekammer-Funktionärin ein Beispiel und spricht insgesamt von einer alarmierenden Situation, und sie warnt vor Verhältnissen, wie sie in Deutschland bereits gang und gäbe sind. „Da gibt es schon gar keine Pflege mehr im OP, sondern nur noch Freelancer, von denen keiner weiß, was sie können.“ Krumpholz: „Wir versuchen, diesen Zug zu stoppen.“ Der Politik gesteht sie ein gewisses Bemühen zu, aber: „Die Unterstützung fehlt.“