Hoch im Fels über der Silvretta-Hochalpenstraße

Mobilität / 30.05.2023 • 17:33 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Die Sicherungsarbeiten im Montafon sind im vollen Gange. VN/STeurer

Noch ist die Silvretta-Hochalpenstraße gesperrt. Ingo Klehenz und sein Team sorgen dafür, dass es dabei nicht bleibt.

Gaschurn Ingo Klehenz, Betriebsleiter der Bielerhöhe, steht am Dienstagmorgen gerade in der Vermuntbahn, als er am Telefon nach dem Öffnungsdatum der Silvretta-Hochalpenstraße gefragt wird. Diese Privatstraße zählt zu seinem Verantwortungsgebiet. “Datum kann ich dir keines geben, aber eine Hoffnung”, antwortet der 55-Jährige. Denn es könne immer noch etwas Unvorhergesehenes passieren.

Die Silvretta-Hochalpenstraße verbindet das Montafon mit Tirol. VN/Steurer
Ingo Klehenz ist verantwortlich für die Sicherheit an der Hochalpenstraße. VN/Steurer

Unvorhergesehenes passierte bereits genug. Im April wurde die Straße aus dem Schnee gefräst – dann kamen neue, späte Schneefälle. Es musste daher nochmals gefräst werden. Und ein Steinschlag von an die 700 Kubikmeter Fels gefährdet die Hochalpenstraße. Nun muss die Felswand von einer externen Firma gesichert werden, bevor mit einem Schreitbagger die drei Auffangdämme vom Schutt befreit werden können, um die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer wiederherzustellen. “Der Berg nimmt keine Rücksicht auf die Planung”, nimmt es Klehenz pragmatisch. Das Wetter nahm ebenfalls keine Rücksicht. Der nasse April und Mai machte die Felssicherungarbeiten auf beiden Seiten der Hochalpenstraße zu gefährlich.

Per Seilwinde steigt das Sicherungsteam in den Hang, um lose Steine zu finden. VN/STeurer
Insgesamt 45 solche Klettergänge sind zu absolvieren, bevor die Straße freigegeben werden kann. VN/Steurer

Gegenüber dem Felssturz ist nun aber mitten in der Felswand ein neongelber Punkt zu erspähen. Philipp Rüdisser hangelt sich am Drahtseil langsam die Steilwand hinab, ausgerüstet mit einer Spitzhacke schickt er lose Steine gen Tal. Besondere Veränderungen hält er mit Fotos fest, um sie dem firmeneigenen Geologen vorlegen zu können. “Worauf es ankommt, lernt man beim Tun”, erklärt der 23-Jährige. Seit drei Jahren sichert er den Fels hier, kennt seine Routen. Zwei Gänge macht jeder der vier am Tag, insgesamt 45 Klettergänge sind zu absolvieren.

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Zweimal am Tag absolviert Rüdisser einen solchen Klettergang. VN/STeurer

Zu ihren Aufgaben gehört auch die Kontrolle der Spione: Marker in Felsrissen, die Bewegungen erkennbar machen. Mit ihm am Berg ist heute Christoph Klehenz (25), Sohn und wie auch Rüdisser Stellvertreter von Ingo Klehenz. “Halbwegs fit und schwindelfrei sollte man schon sein”, erklärt er. Eine Untertreibung, jeder von ihnen wird vom Betriebsarzt auf seine Eignung für diese Arbeit untersucht. Mit den Sicherern an den insgesamt vier Seilwinden und den Einweisern kommt das Team auf 12 Köpfe. “Wir legen Wert auf ein eingespieltes Team”, betont der Betriebsleiter. Schließlich wären Missverständnisse gefährlich.

Christoph Klehenz und Philipp Rüdisser sichern den Felshang nördlich der Straße. VN/Steurer

Wenn alle Sicherungsgänge erledigt sind, müssen die letzten Steine von der Straße entfernt werden, bevor gekehrt werden kann. Parallel laufen einige Hundert Meter bergwärts in der Kehre 29 noch die Arbeiten am Straßenbelag. Jedes Jahr werde ein Straßenkilometer runderneuert, erklärt Klehenz. “Wir versuchen dabei, die Neigung aus den Kurven zu nehmen”, dies soll den Fahrkomfort erhöhen. 34 solche Kehren gibt es insgesamt auf der Hochalpenstraße. Erst wenn alle Hänge sicher, die letzten Steine entfernt, der Belag komplettiert und alle Verkehrszeichen vorhanden sind, ist die Straße bereit für die Freigabe.

In der Kehre 29 wird die Straße erneuert. VN/STeurer
Die Kurve soll auch an Neigung verlieren, um das Fahren angenehmer zu machen. VN/steurer

Für das Team unter Klehenz ist die Arbeit aber selbst dann noch nicht getan: Nach der Hochalpenstraße wird der Rundweg um den Silvretta-Stausee instand gesetzt und die Brücken wieder eingesetzt. Erst dann wird dieser wieder eröffnet. “Immer eines nach dem anderen”, betont Klehenz.