Das soll sich bei der Kinderbetreuung und in Kindergärten in Vorarlberg ändern

Vorarlberg / 31.05.2023 • 19:00 Uhr / 7 Minuten Lesezeit
In Vorarlberg steigt die Zahl der Kinderbetreuungsgruppen stark an. <span class="copyright">VN/Paulitsch</span>
In Vorarlberg steigt die Zahl der Kinderbetreuungsgruppen stark an. VN/Paulitsch

Auch für die Jüngsten wird händeringend nach Betreuungspersonal gesucht.

Hohenems, Bregenz An den Entwicklungsschritten der Kinder teilzuhaben und Inklusion voranzutreiben: Dies sind für Juliane Hofer (48) Gründe, warum ihr der Job als Kindergartenpädagogin so Spaß macht. Weniger Freude macht der Leiterin des Kindergartens Witzkestraße in Hohenems derzeit allerdings die allgemeine Personalsituation im elementarpädagogischen Bereich. “Es ist ganz schwierig, Personal zu finden”, erzählt sie und fügt hinzu: “Ausgebildete Leute sind fast gar nicht mehr zu bekommen.”

Juliane Hofer und Saskia Amann sind im Kindergarten Witzkestraße in Hohenems mit großer Freude für die Jüngsten im Einsatz. <span class="copyright">Kiga Witzkestraße</span>
Juliane Hofer und Saskia Amann sind im Kindergarten Witzkestraße in Hohenems mit großer Freude für die Jüngsten im Einsatz. Kiga Witzkestraße

In Hohenems wird daher seit dem Vorjahr mit einem Projekt gezielt auf Quereinsteiger eingegangen. In monatlichen Workshops informieren pädagogische Fachkräfte ehrenamtlich zu verschiedensten Themen. Von Juliane Hofer ist dabei unter anderem einiges zu Rhythmik zu erfahren. Über 25 Personen konnten so rasch Einblicke in eine praxisnahe Elementarpädagogik gewinnen oder ihre Kenntnisse noch vertiefen. Die Workshops sollen allerdings nicht die mehrjährigen Ausbildungen zur „pädagogischen Fachkraft” ersetzen, heißt es seitens der Stadt.

Mit dabei war unter anderem Saskia Amann, die seit zwei Monaten im Kindergarten Witzkestraße als Assistentin im Einsatz ist. “Ich werde richtig gut unterstützt und konnte schon viele Erfahrungen sammeln”, erzählt die 20-Jährige.

In Hohenems finden laufend Fortbildungen wie beispielsweise auch Vernetzungstreffen der Kindergarten- und Kinderbetreuungseinrichtungen statt. <span class="copyright">Stadt Hohenems</span>
In Hohenems finden laufend Fortbildungen wie beispielsweise auch Vernetzungstreffen der Kindergarten- und Kinderbetreuungseinrichtungen statt. Stadt Hohenems

Nicht nur in Hohenems wird momentan händeringend nach pädagogischem Personal gesucht, sondern im ganzen Land. Das neue Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz sieht nämlich ab Herbst vor, dass Gemeinden für alle Kinder im Alter von drei bis fünf Jahren einen Betreuungsplatz zur Verfügung stellen müssen, wenn seitens der Eltern ein Bedarf gemeldet wird. Dieser Versorgungsauftrag gilt ganzjährig zwischen 7.30 und 17.30 Uhr, mit vier Wochen Schließzeit bzw. Ferien, die der Träger selbst festlegt.

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Für Schulkinder von der ersten bis vierten Stufe gilt der sogenannte Versorgungsauftrag ab dem Schuljahr 2024/25 zwischen 8 und 16 Uhr an Schultagen, sofern die Kinder keine ganztägigen Schulformen besuchen können. Im Betreuungsjahr 2025/26 soll der erweiterte Versorgungsauftrag im Ausmaß von fünf Stunden zusätzlich für Kinder ab dem zweiten Lebensjahr gelten.

Diese Förderungen bleiben erhalten

– Rückvergütung der Mindereinnahmen durch den Bezug der sozialen Staffelung der Elterntarife in Kleinkind-Kindergarten und Kinderspielgruppen (neu: Tageseltern)

– Förderung des beitragsfreien Besuchs von 5-Jährigen

– Harmonisierung der Elternbeiträge (Abstützung der Elterntarife von 3-jährigen Kindern in Kleinkind-, Kinderspiel- und privaten Kindergartengruppen sowie bei Tageseltern auf den Kindergartentarif)

– Förderungen gemäß Art. 15a B-VG (Personal und Investitionskosten)

– Förderung von Fahrtkosten für Kindergartenbesuchende für Gemeinden unter 5000 Einwohnern

Im Berichtsjahr 2021/22 gab es in Vorarlberg rund 670 Betreuungseinrichtungen für insgesamt rund 31.800 Kinder. 92 Prozent der Dreijährigen und fast alle Vier- und Fünfjährigen besuchten eine institutionelle Kinderbetreuung.

Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink, Landeshauptmann Markus Wallner und Gemeindeverbands-Vizepräsident Paul Sutterlüty berichteten bei einer Pressekonferenz im Landhaus über die allgemeine Situation.<span class="copyright"> VLK/Serra</span>
Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink, Landeshauptmann Markus Wallner und Gemeindeverbands-Vizepräsident Paul Sutterlüty berichteten bei einer Pressekonferenz im Landhaus über die allgemeine Situation. VLK/Serra

Um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter zu verbessern, sollen bis Ende 2024 über 100 neue Gruppen für Kinder entstehen, die Betreuungsquote deutlich erhöht und die Rahmenbedingungen für das Personal verbessert werden, wie Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) bei einer Pressekonferenz im Landhaus erläuterte. Dazu wurde seitens des Landes finanzielle Unterstützung für die Gemeinden zugesichert. Mehr Geld gibt es für bauliche Maßnahmen, Personalkosten in Kleinkind- und Kindergartengruppen, für die Förderung von Kinderspielgruppen und Tageseltern.

Das soll sich bei der Kinderbetreuung und in Kindergärten in Vorarlberg ändern

Die Kinderbetreuung soll auch für Eltern leistbarer gemacht werden. “Die Einkommensgrenzen werden im Herbst nicht wie bisher an die Armutsgefährdungsschwelle angepasst, sondern gemäß dem Lebenshaltungskostenindex um 8,6 Prozent angehoben”, erklärte Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink.

Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink berichtete unter anderem von neuen Ausbildungsmöglichkeiten. <span class="copyright">VN/Serra</span>
Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink berichtete unter anderem von neuen Ausbildungsmöglichkeiten. VN/Serra

Die Ausgaben des Landes für die Elementarpädagogik haben sich in den vergangenen zehn Jahren von 44 auf 99,9 Millionen Euro, welche im Jahr 2023 veranschlagt sind, mehr als verdoppelt. Ab Anfang nächsten Jahres soll es auch ein neues Gehaltsmodell bzw. mehr Gehalt für die Pädagoginnen und Pädagogen geben, um die Attraktivität des Berufs zu steigern. Derzeit laufen dazu Verhandlungen.

Neue Richtlinien sollen absichern, dass der Versorgungsauftrag nicht am Finanziellen scheitert, sagte Gemeindeverbandsvizepräsident Paul Sutterlüty. “Das Personal können wir aber nicht einfach herzaubern.”

Die Verantwortlichen des Landes rechnen mit einem weiteren Anstieg von Betreuungsgruppen für Kinder. <span class="copyright">VLK/Serra</span>
Die Verantwortlichen des Landes rechnen mit einem weiteren Anstieg von Betreuungsgruppen für Kinder. VLK/Serra

Die Personalsituation sei eine große Herausforderung, bestätigte auch Schöbi-Fink. Gebaut sei schnell. Sie verwies dabei auf die Ausbildungsoffensive. Unter anderem wurde am BORG in Lauterach ein neues zweijähriges Tageskolleg für Maturanten geschaffen. Die erste Klasse soll im kommenden Herbst starten, auch wenn noch nicht alle Plätze vergeben sind.

Kritik von der Opposition

Harsche Kritik gab es unmittelbar nach der Pressekonferenz von der Opposition. FPÖ, SPÖ und Neos fordern dringend einen Masterplan zur Stärkung der Elementarpädagogik in Vorarlberg. Sie stellen aus diesem Grund im Landtag einen gemeinsamen Antrag und fordern die sofortige Umsetzung einer Ausbildungs- und Personaloffensive für Elementarpädagogik. Im Herbst 2023 solle schließlich ein Masterplan vorgelegt werden. Für weitere Ausbildungsmöglichkeiten wie eine dreijährige Fachschule fehle die Zustimmung der Landesregierung. Möglichkeiten für Quereinsteiger – insbesondere aus der Pädagogik, Sozialpädagogik oder Sozialarbeit – blieben zu wenig attraktiv.

Auch Manuela Lang, Obfrau der selbstorganisierten Kindergruppen, äußerte sich am Mittwoch in der Sendung Vorarlberg LIVE kritisch zu den Plänen des Landes. Ein flächendeckendes und qualitativ hochwertiges Kinderbildungs- und Betreuungsangebot sei längst nicht gewährleistet.

Die Personalsituation ist eine große Herausforderung. Gebaut ist schnell.

Barbara Schöbi-Fink, Landestatthalterin

Dass der Beruf wieder attraktiver wird, würde sich auch Kindergartenleiterin Juliane Hofer wünschen. Unterdessen versucht sie gemeinsam mit anderen Pädagoginnen bei den Workshops Assistentinnen schnell und praxisnah “ein Werkzeug in die Hand zu geben”.