Volksschullehrer schlagen Alarm

Vorarlberg / 31.05.2023 • 11:56 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Volksschullehrer schlagen Alarm
Jürgen Sprickler (o.r.) von der VS Haselstauden in Dornbirn zum Personalmangel im Bildungsbereich: “Wir sind alle nur noch fassungslos.”

Pädagogen berichten von Kürzungen infolge des Personalmangels, erschwerten Arbeitsbedingungen und orten Qualitätseinbußen im Bildungsbereich.

Dornbirn “Irgendwie sind wir alle zusammen nur noch fassungslos”, sagt Direktor Jürgen Sprickler von der Volksschule Dornbirn-Haselstauden und schüttelt den Kopf.

Obwohl Expertinnen und Experten schon seit mehr als zehn Jahren vor dem drohenden Lehrermangel gewarnt hätten, sei seitens der Politik nichts passiert. Daher haben der Schulleiter und Pädagogin Renate Walser beschlossen, an die Öffentlichkeit zu gehen.

Volksschullehrer schlagen Alarm
Jürgen Sprickler ist Direktor der Volksschule Haselstauden in Dornbirn. VN/Fetz

Die beiden zeichnen dabei ein Bild von Kürzungen und erschwerten Arbeitsbedingungen. Walser muss infolge der Personalengpässe gar auf Fördermaßnahmen für die Kinder verzichten. “Wenn jetzt nicht noch ein Wunder geschieht – wovon ich nicht ausgehe – dann wird das ein Desaster im neuen Schuljahr”, schlägt Sprickler in seinem Büro im ersten Stock des Schulgebäudes nochmals in die Kerbe. Denn es seien im Land nicht nur ein paar Stellen noch unbesetzt, sondern im Volksschulbereich fast 100.

Wenn jetzt nicht noch ein Wunder geschieht, wird das ein Desaster im neuen Schuljahr.

Jürgen Sprickler, Volksschuldirektor

Der erfahrene Schulleiter geht davon aus, dass künftig Förderungen nicht stattfinden können. Egal, ob es sich dabei um sprachliche, lernunterstützende oder die Förderung von hochbegabten Kindern handelt. Einerseits würden den Lehrpersonen Bestimmungen wie Ziffernbeurteilung und Deutschförderklassen aufgedrückt und die Ausbildungszeit erhöht werden. Andererseits müssten nun wohl neben den Lernförderungen auch kreative, sportliche und musische Angebote gecancelt werden.

Teamteaching werde ebenso höchstens nur sehr eingeschränkt stattfinden können. Dabei wäre dieses nach Ansicht der Pädagogen gerade beim Schuleintritt sehr wichtig. Zumal während der Pandemie manche der Jüngsten den Kindergarten kaum besuchen hätten können und dies die Lage zudem noch verschärft.

Renate Walser hat jahrzehntelange Erfahrung im Bereich Schuleintritt und Unterricht in der Grundstufe I. <span class="copyright">VN/Fetz</span>
Renate Walser hat jahrzehntelange Erfahrung im Bereich Schuleintritt und Unterricht in der Grundstufe I. VN/Fetz

“Die Entwicklungsunterschiede sind enorm. Soziale und emotionale Reife fehlen mehr und mehr. Ebenso sogenannte Softskills wie Arbeitshaltung, Umgangsformen, Konfliktfähigkeit oder grob- und feinmotorische Fertigkeiten”, berichtet Renate Walser, die seit über dreißig Jahren unterrichtet. Die Pädagogin führt auch Eingangsscreenings durch und fördert Kinder mit Rechen-, Lese- und Rechtschreibschwäche. Weil Lehrpersonen für das nächste Schuljahr fehlen, muss sie allerdings nun als Klassenlehrerin in den Einsatz. Seitens der Bildungsdirektion wird nun auch versucht, das Beschäftigungsausmaß bei Personal in Teilzeit zu erhöhen.

Die Entwicklungsunterschiede sind enorm. Soziale und emotionale Reife fehlen mehr und mehr.

Renate Walser, Volksschullehrerin

Wie berichtet wird zudem auch auf Quereinsteiger gesetzt. “Diese sollen bald ähnlich bezahlt werden wie voll ausgebildete Lehrkräfte. Ich missgönne diesen Personen wirklich keinen einzigen Euro, aber da fragen sich dann schon viele Lehrpersonen, wofür sie fünf Jahre studieren müssen”, gibt Sprickler hinsichtlich der viel diskutierten Ausbildungsdauer zu bedenken.

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Iframely angezeigt.

Den Zuständigen der Bildungsdirektion will der Direktor keinen Vorwurf machen. Diese seien sehr bemüht, die dramatische Situation zu entschärfen. Jegliche Hilfe wäre auch im Hinblick auf Klimakrise, Ukrainekrieg oder Teuerung mit ihren Folgen jetzt allerdings für die Bildungseinrichtungen gefragt. “In dieser wirklich unglaublich herausfordernden Zeit würden wir jegliche Unterstützung brauchen und nun wird das Gegenteil der Fall sein”, zeigt sich Sprickler enttäuscht ob der aktuellen Situation rund um die Kürzungen. Und ausbaden müssten das Ganze in erster Linie die Kinder.