Freude, Leid und eine Geschäftsaufgabe

Knapp ein Jahr alt ist die neue Fußgängerzone in Bregenz. Perfekt ist sie nicht, zwei Geschäfte stellen sich infrage.
Bregenz Bald ein Jahr alt ist die Fußgängerzone in Bregenz. Zufrieden ist man jedoch vor allem in der Kirchstraße noch nicht. Baustellen sieht man dort auch abseits davon. „Wenn die Politik sagt, man hat die Mariahilferstraße in Wien nachgebaut: Diese besteht zu drei Viertel aus Begegnungszone, nicht Fußgängerzone“, erinnert Apotheker Braun. Dies wäre auch sein Wunsch, etwa für die Kirchstraße. „Wir haben ja nie gefordert, dass die Anton-Schneider-Straße geöffnet wird“, betont Braun. „Es gibt einfach Geschäfte, zu denen man zufahren können muss.“
Flaniergäste nicht ausreichend
Eines davon ist in der direkten Nachbarschaft, ebenfalls in der Kirchstraße: Christine Hämmerle will nach 27 Jahren in den kommenden Monaten ihr Natur Kornkostkosmetik schließen. „Das kaufkräftige Publikum bleibt fern“, klagt die Unternehmerin. Das flanierende Publikum kaufe, wenn, dann nur Kleinigkeiten. Die ältere Stammkunden tue sich schwer, ihr Geschäft zu erreichen und bleibe der Bregenzer Innenstadt ganz fern. Denn es mangle an nahen Parkplätzen, selbst für Menschen mit Beeinträchtigung. „Ich selbst darf ebenfalls nur bis 10 Uhr zu meinem eigenen Laden zufahren, so lässt sich das Geschäft nicht führen“, betont Hämmerle. „Das trägt schon zum Händlersterben bei.“
„Mein Gesamteindruck ist sehr gut“, ist Clemens Sagmeister als Sprecher der Wirtschaftsgemeinschaft WiGem positiver gestimmt. „Die Einheimischen haben sich großteils an die neue Verkehrssituation gewöhnt und die Besucher genießen die neuen Freiräume und die erhöhte Aufenthaltsqualität. Jetzt in der warmen Jahreszeit und nach Abschluss der letzten Bauarbeiten wird das volle Potenzial der großen Fußgängerzone sichtbar.“ Auf seinem Wunschzettel für die Kaufmannschaft sind noch mehr Sitzmöbel, Kunst und Pflanzen in der Fußgängerzone, außerdem brauche es ein funktionierendes Parkleitsystem und die vom Projekt Bregenz Mitte versprochene Hochgarage in Bahnhofsnähe.
Pro und Kontra nebeneinander
Katrin Kabiri vom Allesbunt ist weiterhin von der neuen Maurachgasse überzeugt. „Vorher war die als tote Gasse bekannt“, betont die 39-Jährige. „Wäre nichts getan worden, hätte ich das Geschäft hier nicht aufgemacht.“ Ihr Geschäft profitiere vor allem von den zur Oberstadt pilgernden Menschen, die nun die Maurachgasse als angenehme Verbindungsstrecke nutzen.
Nicht mehr so optimistisch ist Dietmar Menzinger vom angrenzenden Hops and Malt. „In den Sommermonaten gleicht es sich etwas aus, aber wir spüren einen klaren Umsatzrückgang“, betont der Unternehmer. Und es sei erkennbar, dass es am Standort liegt. „Ich sehe ja, dass manche, die früher nach Bregenz kamen, nun lieber unser Geschäft in Dornbirn aufsuchen.“ Manche Einkäufe seien nun einmal einfacher, wenn man mit dem Auto zufahren könne. Den Mietvertrag für Bregenz habe er nun nur mehr für ein Jahr verlängert, stellt er den Standort grundsätzlich infrage. Wenig begeistert ist er von der Stadt: „Man hat schnell das Gefühl, nur vertröstet zu werden. Die Stadt ist nicht besonders gesprächsbereit.“
Wunsch nach mehr Grün
„Die Luft ist nun so viel besser“, schwärmt hingegen Rosemarie Vallaster-Wijethilaka (66) von der Boutique Yellow Rose in der mit Gastgärten vollgepflasterten Anton-Schneider-Straße. Der nahe Radstellplatz sei eine Verbesserung, etwas mehr Grün ist auch auf ihrer Wunschliste. In ihrer Nachbarschaft ist man auch froh um das Steinpflaster statt des gelben Belags. Es gibt aber auch leise Kritik, etwa ebenfalls an der Parkplatzsituation und der neuen Rolle der Schillerstraße mit den angrenzenden Schulen als letzte große Zufahrtsstraße in das angrenzende Quartier.
Einig sind sich alle, dass vor allem die Gastronomie profitiere. Dass die Fußgängerzone bei gutem Wetter durchaus funktioniere, weiß auch Braun. Denn dann nutzen doch noch manche das Fahrrad, um in die Kirchstraße zu kommen. Bei Schlechtwetter sehe es jedoch gleich anders aus, blickt er auf den Mai zurück. Und beim Stichwort Fahrrad bringt sich auch gleich ein älterer Kunde ein: Es fehle an klaren Radstellplätzen in der Kirchstraße, wolle man nicht Schaufenster, Geschäftseingänge und Gastgärten blockieren.
„Mich stört, dass der Bürgermeister nicht auf uns zukommt“, macht Braun seinem Ärger Luft. Es brauche eine ehrliche Analyse, was funktioniere und was nicht und dementsprechend eine Anpassung. VN-rau

