Wenn eine ganze Zahnarztpraxis an die Ukraine gespendet wird

Vorarlberg / 19.06.2023 • 17:17 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Die Lehrlinge von I+R Gruppe halfen beim Abbau der Zahnarztpraxis in Lauterach. VN/Paulitsch
Die Lehrlinge von I+R Gruppe halfen beim Abbau der Zahnarztpraxis in Lauterach. VN/Paulitsch

Das Erbe einer Zahnärztin lebt in der Ukraine weiter.

Lauterach Der Anlass ist ein trauriger, doch er beweist, dass auch in schwierigen Zeiten etwas Schönes entstehen kann. Als die Ärztin der Zahnarztpraxis in Lauterach überraschend stirbt, bleibt eine Frage offen: Was passiert jetzt mit der Praxis? Die ganze Ausstattung im besten Zustand, aber ohne Nutzen. In der Familie entsteht plötzlich die Idee. Eine Schwester der Verstorbenen erzählt: „Wir haben schon oft darüber geredet, wie wir die Ukraine unterstützen könnten. Die Praxis hat sich angeboten. Es wäre schade, wenn man das nicht mehr verwendet.“

Nach Recherchen entdeckten die Geschwister den Verein „Einig“. Obfrau Anna Mamay-Gassner ist selbst Ukrainerin und leistet gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Johannes Neumayer Hilfe für das Kriegsgebiet.

Auf eigene Faust wäre die Spende für die Angehörigen nicht tragbar gewesen. „Der Papierwahnsinn hat eine andere Dimension“, scherzt Neumayer. Doch auch für den Verein ein zu großes Projekt, um es alleine zu bewältigen.

Zusammenarbeit beim Abbau

Geschraubt und gebohrt wird in der Praxis immer noch. Nur sind es jetzt die Lehrlinge der i+R Gruppe. Die ganze Ausstattung wurde sorgfältig abgebaut, sortiert, in Kartons eingepackt und beschriftet. Auch ukrainische Flüchtlinge zeigten sich beim Abbau hilfsbereit. Neumayer betont dabei, wie wichtig diese Lieferung für die Menschen ist: „Wir haben so gut wie keine Kleinspenden mehr und gerade die Sachspenden werden weniger oder können nicht gebraucht werden.“ Dabei wäre vor allem medizinische Versorgung gerade wichtig. Die Menschen in der Ukraine hätten derzeit zwei große Probleme. Füße und Zähne. Und Letzteres wird laut Neumayer oft unterschätzt. „Die Zahnhygiene kommt meist zu kurz, doch ein kranker Zahn macht den ganzen Körper krank“. Er hofft, durch die Sachspende zur medizinischen Versorgung vor Ort beitragen zu können. Es wäre nicht das erste Mal. Weihnachten letzten Jahres konnte der Verein durch eine Lieferung Antibiotika das Leben eines Soldaten retten.

Die Kartons beinhalten aber nicht nur typische Zahnarztutensilien und Möbel. Mitgeliefert werden auch Kleinwasserfilter. Die Menge reicht, um 520.000 Liter Trinkwasser sicherzustellen. Finanzielle Unterstützung erhielt der Verein dabei vom Land Vorarlberg.

Sicher ankommen

Nicht alle Spenden seien zuverlässig, und so kommt es, dass viele Lieferungen nie ihr Ziel erreichen. Da derzeit keine europäischen Transporter ins Kriegsgebiet fahren, beriet sich der Verein mit seiner Partnerorganisation „Thanks from Ukraine“ in Kiew. „Die schicken einen leeren Lkw, der dann hier beladen wird und direkt zurück in die Hauptstadt fährt“, so Neumayer. Wo genau die Praxis wieder in Betrieb genommen wird, kann er noch nicht sagen, aber „vermutlich wird sie unterirdisch verbaut“. Von dort aus erhält der Verein dann Bilder und Dokumente als Bestätigung. Die Entwicklung des Projekts kann auf der Homepage verfolgt werden. Der Verein hofft darauf, zum Wohl der ukrainischen Bevölkerung beitragen zu können und auch die Angehörigen zeigen sich zufrieden: „Es ist Genugtuung für uns zu wissen, dass wir damit helfen können und anderen Menschen Hoffnung schenken.“ vn-ela

Die Möblierung wurde in ihre Einzelteile zerlegt.
Die Möblierung wurde in ihre Einzelteile zerlegt.