Neue Aktion gegen Telefonbetrug in Vorarlberg

Vorarlberg / 05.07.2023 • 13:40 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Neue Aktion gegen Telefonbetrug in Vorarlberg
Mit neuen Geldsackerl versuchen die Banken, die Betroffenen direkt im letzten Moment zu erreichen. Canva, VN

Immer mehr Fälle werden bekannt, die Anrufer arbeiten mit extremem psychologischen Druck. Polizei und Banken starten einen neuen Versuch, den Betrügern das Geschäft zu vermiesen.

Bregenz Vergangenes Jahr gab es in Vorarlberg noch vier Fälle von falschen Polizisten, die mit betrügerischen Anrufen den Vorarlbergerinnen und Vorarlbergern ihre Ersparnisse abnahmen. In der ersten Jahreshälfte 2023 waren es bereits 15 Fälle. Nun versuchen die Landespolizeidirektion Vorarlberg und der hiesige Bankensektor mit einer gemeinsamen Aktion, diesem Trend einen Riegel vorzuschieben.

Warnhinweis in der Hand

So werden die Kundschaften der Hypo Vorarlberg, der Raiffeisenbank und der Sparkasse künftig größere Geldauszahlungen in einem neuen Geldsackerl erhalten. Dieses stellt fünf Fragen, die auf einen möglichen Betrug hindeuten, etwa ob man dezidiert angewiesen wurde, mit niemandem über den Grund der Auszahlung zu sprechen. Genau dies sei etwa ein großes Problem, trotz aller Sensibilisierung der Schalterbediensteten. “Die Betroffenen werden bedrängt, uns über den Grund der Auszahlung nicht die Wahrheit zu sagen”, betont Michel Haller, Sprecher der Bankenbranche bei der Wirtschaftskammer. Die Fragen auf dem Auszahlungsbeutel sollen die Betroffenen dazu bringen, kurz innezuhalten und ihre Situation zu hinterfragen.

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So sehen die neuen Geldsackerl aus. VN/RAUch

Die Situationen sind oft ähnlich: Die Polizei ruft an und warnt vor drohenden Einbrüchen in der Nachbarschaft. Oder der Staatsanwalt oder die Polizei erklärt, dass das Kind einen schweren Autounfall verursacht hat und fordern Kaution. Während das Geld früher in Persona übergeben wurde, wird nun oft gefordert, es an einem Ort, etwa vor dem Haus, zu platzieren. Und die Betrüger arbeiten in großen Gebieten: So verhaftete die Vorarlberger Polizei zwei solche Geldabholer, die extra am Vortag aus Darmstadt nach Vorarlberg fuhren.

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Man dürfe sich nicht dem Irrtum hingeben, dass man selbst vor den Betrugsmaschen der Anrufer gefeilt ist. Der Leiter des Betrugsdezernats Mario Bitschnau weiß von einer Frau, die noch am Morgen sich über die Naivität der Opfer wunderte und vier Stunden später selbst eine Übergabe tätigte. “Hier wird mit massivem psychologischen Druck gearbeitet”, versichert Haller. “Die Anrufer lassen nicht locker”, weiß auch Bitschnau. Die Opfer werden ständig am Telefon gehalten. Selbst wenn man das Gespräch am Handy fortsetzt, wird die Festnetznummer weiter mit Anrufen blockiert gehalten – alles, um dem Betrugsopfer keine Minute zum Nachdenken oder für Rückrufe bei Angehörigen zu lassen. “Sie wissen genau, wo sie den Hebel ansetzen müssen”, betont Bitschnau die “brutalen” Methoden der Anrufer.

400.000 Euro Schaden

Und die Betrugsversuche werden zunehmen. Bei den vier Versuchen 2022 wurden 130.000 Euro erbeutet, heuer waren es bereits 400.000 Euro. Mit nun anfangs 143.000 Geldsackerl für alle größeren Auszahlungen versuchen nun Banken und Polizei die Betroffenen direkt zu erreichen. Die Idee dazu stammt aus Hessen, erläutert Bitschnau.

Michel Haller und Mario Bitschnau hoffen, mehr Betroffene noch rechtzeitig zu erreichen. <span class="copyright">VN/Rauch</span>
Michel Haller und Mario Bitschnau hoffen, mehr Betroffene noch rechtzeitig zu erreichen. VN/Rauch

Schlussendlich empfehle er jedem, vorsichtig und misstrauisch zu bleiben, betont Haller. So werde auch nie die Bank am Telefon über Vermögenswerte sprechen. Und die sozialen Netzwerke machen es heute einfacher, an kritische Informationen über Angehörige zu kommen, die für die Betrugsabsichten genutzt werden können. Der Rat von Polizei und Bank: Im Zweifel auflegen und die scheinbar betroffenen Angehörigen auf der alten, bekannten Nummer anrufen. “Lieber einmal zu viel nachfragen”, betont Haller.

Die fünf Fragen

Eine unbekannte Person am Telefon, per SMS oder WhatsApp? Dann Vorsicht!

Wenn Sie eine dieser Fragen bejahen müssen, könnten Sie Opfer eines Betrugs sein!
– Sollten Sie Geld abheben oder Ihre Vermögenswerte bekannt geben?

– Sollten Sie mit niemandem darüber sprechen?

– Gab man sich als Familienmitglied, Person einer Behörde oder der Polizei aus?
– Sollten Sie Geld übergeben oder irgendwo hinterlegen?
– Wurde Ihnen gesagt, ein Einbruch, Unfall oder Diebstahl sei im Spiel?

Beenden Sie umgehend das Telefonat und wählen Sie 133.